Auf einen Espresso mit… Gabriele Hasler

Gabriele Hasler

Gabriele Hasler hat von 1977 bis 1983 an der Universit?t Deutsch und Musik auf Lehramt studiert. Sie ist Jazz-S?ngerin, Multiinstrumentalistin und Komponistin. Der ?Jazz-Papst“ Joachim Ernst Behrendt schrieb über sie: ?Eine der wandlungsf?higsten, mutigsten, kreativsten Jazz-Stimmen Europas.“

Warum sind Sie an die Universit?t Bremen zum Studium gekommen?

Der Liebe wegen. Ich bin in Stuttgart gro? geworden, habe da Abitur gemacht und wollte ursprünglich Journalistin werden, weil ich gerne und viel geschrieben und dafür auch Preise erhalten habe. Es gab in München eine Schule für Journalismus, aber da konnte ich nicht hin. Denn mein Freund, der mir damals sehr wichtig war, arbeitete in Bremerhaven. So bin ich nach Bremen gekommen und habe gedacht, ich studiere erstmal Germanistik, um darauf meine Journalistinnen-Laufbahn aufzubauen. Aber in Bremen gab es damals nur das Fach Deutsch für die Lehrerausbildung. Dazu habe ich noch Geschichte als Nebenfach genommen.

Also gar kein Musikstudium…

Nein, anfangs nicht. Dabei hat Musik in meinem Leben schon ganz früh eine wichtige Rolle gespielt. Meine erste Musiklehrerin war meine Mutter, die viel mit mir gesungen hat. Ich habe Lieder gelernt, zweistimmig zu singen, Kanon zu singen, die Stimme zu halten, zu intonieren. Au?erdem habe ich sechs Jahre lang klassische Gitarre gelernt und mit elf Jahren begonnen, für Gitarre und Stimme zu komponieren. Ich war beeinflusst von Liedermachern wie Franz Josef Degenhardt und Konstantin Wecker und Themen wie Einsamkeit in der kalten, kapitalistischen Welt. Ich habe aber auch alles vertont, was ich im Regal meiner Eltern fand - Brecht, Rilke, Günter Bruno Fuchs. Ich hatte richtige Programme, mit denen ich als Schülerin schon aufgetreten bin. Das fanden alle prima, aber dass dies auch zu einem Beruf werden k?nnte, war uns allen nicht so klar.

Hat sich das dann w?hrend des Studiums so entwickelt?

Ich habe in Bremen Kontakt zu Folk-Bands bekommen. Mit der Band ?Tangram“ haben wir 1978/79 auch eine Langspielplatte aufgenommen. Das war eine Art Wendepunkt für mich. Ich habe dann in der Zeitschrift der Bremer Rock-Initiative eine Anzeige geschaltet, dass ich eine Band suche. Dann hat sich J?rn Schipper gemeldet, der an der Uni Bremen Musik und Behindertenp?dagogik studiert hat. Er spielte damals schon halb-professionell in verschiedenen Bands, Jazz und Rock. Unsere erste gemeinsame Band haben wir sp?ter in ?Tequila Sunrise“ umbenannt, die viel in Bremen gespielt hat, auch bei Uni-Festen, beeinflusst von der damaligen Neuen Deutschen Welle.

Und das hat dann doch einen Kick fürs Musik-Studium gegeben?

An der Uni habe ich dann das Studienfach gewechselt, statt Geschichte nun Musik, und war Feuer und Flamme. Ich hatte an der Uni fantastischen Klavierunterricht bei Hella M?vers. Davon habe ich am meisten profitiert. Ich war ein sehr praktischer Mensch. Mir war Uni oft zu verkopft, ich habe es gerne handfest, anwendbar. Es war eine Zeit, in der ich t?glich fünf, sechs Stunden Klavier geübt habe und dann auch richtig gut war.

Was hat Sie denn am meisten gepr?gt an der Uni Bremen?

Ich kam aus einem sehr bürgerlich-konservativen Umfeld, was die Schule angeht. Ich habe in Stuttgart-Feuerbach ein klassisches M?dchengymnasium besucht, das Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium. Es war eine Schule, die sehr klar auf Auswendiglernen ausgerichtet war. Es gab keine Referate, keine Gruppenarbeit. Da war die Uni Bremen für mich erstmal verst?rend, aber auch befreiend.

Das erste Semester geh?rte zur Einführungsphase, dem ISES. Das hatte ich bei Professor Wolfgang Emmerich und als Tutorin hatte ich Waltraud Schoppe, die sp?tere Bundestagsabgeordnete der Grünen. Ich war von ihrer Person und ihrer geerdeten Form von Freiheit vollkommen geflasht und erfüllt, und dachte: So kann man auch leben. Sie war für mich das Beste an der Uni Bremen. Sie hatte schon zwei kleine Kinder, die waren – wie damals üblich – mit in der Veranstaltung, es wurde geraucht, gestrickt sowieso. Mein erstes Orientierungssemester war auch gleich ein Streiksemester. Ich habe keine Ahnung 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育, wofür, wogegen. Ich war durchaus politisch, habe Willy Brandt verehrt, war Umweltaktivistin, wie man heute sagen würde, aber diese ganze Verknotung zwischen den K-Gruppen hat mich überfordert. Ich sa? dann da in der Mensa, hab zugeh?rt, hab gestrickt, bin natürlich mitgegangen auf Demos, fand das alles toll. Es ging auch darum, Menschen kennenzulernen und zu feiern und Kuchen zu backen fürs Streikcafe. So habe ich dann auch J?rn Schipper kennengelernt, mit dem zusammen ich die Musiklaufbahn gestartet habe.

D.h. Sie haben sich damals dafür entschieden, professionelle Musikerin zu werden?

Ich war wohl damals die treibende Kraft, indem ich gesagt habe, das ist 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 als ein Hobby, wir k?nnen etwas, lass uns das versuchen. J?rn war damals schon an dem renommierten Berklee College of Music in Boston gewesen. W?hrend wir noch an der Uni Bremen eingeschrieben waren, sind wir zusammen 1981 und 1983 zweimal dorthin gegangen, zum Studium von improvisierter Musik und Jazz. Die Inspiration dazu hatten wir gewisserma?en von dem Musik-Studiengang in Bremen bekommen, der sich schon ja stilistisch für Jazz und Pop ge?ffnet hatte mit Musikern wie Sigi Busch, Heinrich Hock, Peter Schleuning oder Werner Breckoff. Aber das, was ich an Skills brauchte, für meine sp?tere musikalische Karriere, habe ich nicht in Bremen bekommen. Das Klavierspiel war für die Technik und die musikalische Ausbildung gro?artig.

Wie hat sich das Studium am Berklee College of Music von der Uni Bremen unterschieden?

Ich bin am besten in meiner Kreativit?t, wenn ich klare Strukturen an die Hand bekomme. Das Berklee College hat es geschafft, eine Musik wie Jazz, die eigentlich Freiheit unterrichtet, komplett zu verschulen. Nach einer Aufnahmeprüfung ist man sorgf?ltig eingestuft worden in Klassen, die genau das boten, was man auf dem Level brauchte, an Geh?rbildung, beim Arrangieren, an Kombo-Arbeit. Das wird auch eisern abgeprüft und benotet. Das hat für mich zu der Zeit gut funktioniert.

Und danach sind Sie Profi-Musikerin geworden?

Das war ein schleichender Prozess. Es gab nicht diesen einen Tag, sondern es hat sich nach und nach entwickelt. Irgendwann war klar, wenn ich Referendariat machen wollte, müsste ich vorher das Erste Staatsexamen machen. Ich habe mich dann aber gefragt, wofür. Denn eigentlich wollte ich nur Musik machen. Wir waren damals mit der Rockband und der Jazzband erfolgreich, haben Geld verdient und 1984 die erste Schallplatte bei Friedrich Thein gemacht. Die hie? ?Crazy“. Ich war in den 1980er Jahren die einzige Person in Deutschland, die zeitgen?ssischen Jazz-Gesang mit eigenen Kompositionen gemacht hat. Da gab es also einen gro?en Markt für mich. Und so habe ich das Studium abgebrochen und bin Musikerin geworden.

Was würden Sie denn Studierenden heute empfehlen?

Ich finde ja, dass insgesamt zu viel studiert wird und zu wenig gehandwerkt.

 

Mehr zu Gabriele Hasler:

www.gabrielehasler.de

 

N?chstes Konzert:

Mittwoch 19. Oktober 2022, 17.00
Bremen, Gerhard Marcks Haus
Gabriele Hasler   Stimme, Texte
J?rn Schipper  Vibraphon, Perkussion