Prof. Dr. Christoph Neuberger
Zur Zukunft des Journalismus im Digitalen
Wenn man über die Zukunft des Journalismus sprechen will, so sollte man zun?chst einmal auf seine Gegenwart eingehen. Das Internet, welches den Journalismus durcheinandergewirbelt hat, ist ja mittlerweile schon seit ungef?hr zwei Jahrzehnten ein Medium von ?ffentlicher Relevanz. Das hei?t, wir haben schon einiges an Erfahrungen sammeln k?nnen. Der Journalismus hat im Internet, wie wir wissen, seine Monopolstellung als Gatekeeper verloren, also als jene Instanz, die die letzten Entscheidungen darüber treffen kann, was ver?ffentlicht wird und was nicht. Die M?glichkeiten der Partizipation und Interaktion sowie die erh?hte Transparenz, die wir dort finden, haben an der ?ffentlichkeit viel ver?ndert. Politische Gruppen, aber auch andere Gruppen, die partikulare Interessen verfolgen, sind nun in der Lage, direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren. Das Publikum kann im Internet nicht nur auf eine gro?e Informationsfülle zugreifen, sondern kann sich auch selbst in den sozialen Medien zu Wort melden.
Der professionelle Journalismus und die klassischen Massenmedien haben das Internet in den 1990er Jahren zun?chst einmal eher ignoriert. Es gab wenige, die es euphorisch begrü?t haben, wenige sahen darin aber auch eine m?gliche Konkurrenz. Sp?testens seit der Jahrtausendwende, seitdem es ab dem Jahr 2001 erhebliche Einbrüche auf den Werbem?rkten gegeben hat, nimmt man dieses Medium ernst. Seither haben wir ihm gegenüber eher eine kritische, eine negative Haltung. Zumindest ist viel davon die Rede, dass der Journalismus in die Krise geraten sei. Diese Krise ist aber nicht nur eine ?konomische. M?glicherweise ist das der Aspekt, der am evidentesten ist, weil er sich auch am besten durch Zahlen ausdrücken und nachweisen l?sst. Hier sollen dagegen drei verschiedene Krisen unterschieden werden, bevor dann der Frage nachgegangen wird, wie sich der Journalismus in Zukunft weiterentwickeln kann. Fixe Prognosen sollen jedoch nicht aufgestellt, sondern Optionen aufgezeigt und Empfehlungen gegeben werden, wie sich der Journalismus weiterentwickeln k?nnte.
Zun?chst einige Worte zur ?konomischen Krise, die uns schon seit etwa 15 Jahren deutlich vor Augen steht: Sie hat damit zu tun, dass die traditionellen Massenmedien, insbesondere die Tageszeitungen, an Reichweite verlieren. Zugleich verlieren journalistische Angebote sowohl in den klassischen Medien als auch im Internet an Relevanz als Werbetr?ger, weil es im Internet sehr viele neue und bessere M?glichkeiten der Werbung gibt wie zum Beispiel die Personalisierungsm?glichkeiten, die Google bietet. Abgesehen davon ist auch die Zahlungsbereitschaft des Publikums für journalistische Inhalte nach wie vor sehr gering.
Diese drei Erkl?rungen für die ?konomische Krise basieren auf Zahlen aus der Langzeitstudie Massenkommunikation von ARD und ZDF, die diese Umschichtung sehr deutlich machen: hin zum Internet, weg von den alten Medien (Breunig/van Eimeren 2015: 511). Bei den 14- bis 29-J?hrigen f?llt diese Abwanderung noch sehr viel drastischer aus als in den ?lteren Bev?lkerungsgruppen (ebd.: 512). Wir haben bei den Jüngeren bereits eine t?gliche Nutzungsdauer des Internets von etwa drei Stunden. Wir haben eine sinkende Nutzungsdauer beim Fernsehen, ebenso beim Radio. Bei der Tageszeitung verschwindet hier unten schon fast vollst?ndig. Hier sind die Einbrüche besonders erheblich. Interessant ist auch, was die jungen Leute im Internet suchen. Wenn man sie nach den Nutzungsmotiven fragt (Breunig/Engel 2015: 330), geht es ihnen – ganz entgegen dem Vorurteil – eben nicht nur um Unterhaltung, es geht nicht nur um Smalltalk, es geht nicht nur um Computerspiele, sondern auch ganz stark um Informations- und Wissensnutzung. Das Internet überholt hier mittlerweile deutlich die klassischen Medien wie das Fernsehen, den H?rfunk und auch die Tageszeitung. Das gilt, wenn man die Gesamtheit der Bev?lkerung ansieht, noch nicht. Dort liegt bei der Informations- und Wissensnutzung immer noch das Fernsehen an erster Stelle. Bei den jüngeren Leuten trifft dies schon nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 zu. Man k?nnte nun vermuten, dass die jungen Leute dann, wenn sie ?lter geworden sind, auf den richtigen Weg finden werden, n?mlich hin zu den klassischen Medien. Dass diese Hoffnung vergeblich sein dürfte, zeigt eine Kohorten-Analyse des Instituts für Demoskopie in Allensbach, für die in Fünf-Jahres-Abst?nden die verschiedenen Altersgruppen nach ihrer Zeitungsnutzung gefragt wurden (Schneller 2015: 901). Daran kann man sehen, dass diejenigen, die schon im frühen Alter angefangen haben, Tageszeitung zu lesen, das auch weiterhin machen, wenn sie ?lter geworden sind. Und umgekehrt: Diejenigen, die in jungen Jahren wenig Zeitung gelesen haben, werden auch dann, wenn sie ?lter werden, nicht anfangen, die Tageszeitung zur Hand zu nehmen.
Zur Zahlungsbereitschaft: Auch hier hat man im Internet ein gro?es Problem, weil die Leute zwar für journalistische Informationen zahlen, wenn sie gedruckt sind, aber damit dann, wenn sie in elektronischer Form kommen, nach wie vor sehr zurückhaltend sind. Dies zeigt ebenfalls die Allensbacher Studie, nach der nur ungef?hr vier Prozent der Nutzer im Internet für Informationen von Tageszeitungen bezahlt haben, acht Prozent sind daran interessiert (Schneller 2015: 0897/2.7.2015). Es ist also immer noch ein minimaler Anteil, der dafür bezahlen will. Insofern haben wir eine deutliche ?konomische Krise im Journalismus.
Ich behaupte aber: Es gibt noch zwei weitere Krisen. Es gibt zweitens eine Identit?ts- und Qualit?tskrise des Journalismus. Was ist damit gemeint? Im Internet kommt es zu einer Entgrenzung des Journalismus. Es ist immer schwerer feststellbar, was denn überhaupt Journalismus ist. Es sind vor allem zwei Grenzen, die man hier in den Blick nehmen kann: zum einen die Grenze hin zu den Amateuren, zum sogenannten Bürgerjournalismus. Viele geben sich hier selbst das Etikett Journalismus. In Einzelf?llen leisten Amateure durchaus Respektables – aufs Ganze gesehen ist der Bürgerjournalismus aber nicht konkurrenzf?hig (Neuberger 2016: 6-9). Zum anderen geht es um die Grenze zu den Vertretern partikularer Interessen, die dafür Public Relations und Werbung betreiben. Sie haben nun im Internet einen direkten Zugang zu ihren Zielgruppen bekommen, seien es Kunden im wirtschaftlichen Bereich oder Bürger im politischen Bereich. Sie geben sich gerne den Anschein von Journalismus, imitieren den Journalismus, so dass es für das Publikum immer schwieriger wird, den Unterschied zu erkennen. Mittlerweile belegen auch Studien, dass es für das Publikum schwierig wird, die Unterschiede festzustellen, wie etwa in einer Befragung, die ich 2011 durchgeführt habe (Neuberger 2012: 52): Jeweils rund ein Viertel der Internetnutzer sagt, dass es ihnen schwer f?llt, im Internet Journalismus zu erkennen, und dass es auch schwer ist, die Qualit?t von Angeboten richtig einzusch?tzen. Hier ist unklar, an welchen Standards sich die entsprechenden Anbieter orientieren. Dies best?tigen auch andere Studien, die darauf verweisen, dass die Informationsnutzung zunehmend oberfl?chlich wird und immer weniger quellenkritisch ist. Eine gewisse Wahllosigkeit stellt sich ein. So wird h?ufig Google genannt, wenn Nutzer offen über ihr Informationsverhalten befragt werden – und nicht die dahinter liegenden Quellen, auf die es eigentlich ankommt (Hasebrink/Schmidt 2012: 35, 37, 39, 54). Im Jahr 2013 stimmten 30 Prozent der Befragten ?eher“ oder ?voll und ganz“ dem Statement zu: ?Ich merke nicht wirklich, welche Webseite ich verwende. Ich sehe mir Nachrichten an, die mich interessieren.“ (H?lig/Hasebrink 2013: 533) Für die Einsch?tzung der Vertrauenswürdigkeit einer Nachrichtenquelle sind der Name des Angebots oder des Journalisten in jüngeren Publikumsgruppen weniger wichtig als in ?lteren (H?lig/Hasebrink 2014: 537). Mittlerweile nutzen 18- bis 24-J?hrige soziale Netzwerke st?rker, um sich politisch zu informieren, als (Print- und Online-)Zeitungen (ebd.: 538). In Wahlk?mpfen informieren sich Bürgerinnen und Bürger zunehmend auch auf den Webseiten der Parteien und Politiker (z. B. BITKOM/Forsa 2013: 4). Es gibt eine interessante Studie des Pew Research Centers aus den USA, in der zus?tzlich auch nach den Motiven gefragt wurde, weshalb man den Politikern in den sozialen Medien folgt (Smith 2014: 4). Immerhin rund ein Viertel der Befragten sagt: Dort bekomme ich verl?sslichere Informationen als bei den Nachrichtenmedien. Dies sind alles Indizien dafür, dass es einigen Nutzern nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 so sehr darauf ankommt, wo sie ihre Nachrichten herbekommen, und auch dafür, dass weniger Wert auf seri?se Quellen gelegt wird.
Noch ist die Lage nicht dramatisch. Dass die Qualit?tsvorteile im Wesentlichen noch beim professionellen Journalismus gesehen werden, zeigte eine Befragung aus dem Jahr 2011: Hier wurden deutsche Internetnutzer gefragt, welchen Angeboten sie Qualit?tskriterien wie Glaubwürdigkeit, Aktualit?t, Sachlichkeit und Themenkompetenz am ehesten zuschreiben (Neuberger 2012: 48). Die Presse-Websites schneiden hier am besten ab, gefolgt von den Rundfunk-Websites. Allerdings sind durchaus soziale Medien bei einzelnen Items relativ stark. Vor allem die Wikipedia, der zum Beispiel ein h?heres Ma? an Unabh?ngigkeit als den professionell-journalistischen Websites zugeschrieben wird.
Die Identit?ts- und Qualit?tskrise hat noch eine zweite Facette. Es ist nicht nur so, dass andere Akteure anfangen, sich dem Journalismus anzun?hern. Zugleich ist der professionelle Journalismus gezwungen, auch selbst seine Gestalt zu ver?ndern. Er muss im Internet seine neue Rolle finden. Dort reicht es nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 aus, was er in den klassischen Medien gemacht hat, n?mlich Ein-Weg-Kommunikation. Er muss sich auch hier ?ffnen und die besonderen M?glichkeiten dieses Mediums ausnutzen. Doch damit nicht genug. Es gibt darüber hinaus eine dritte Krise: eine Glaubwürdigkeitskrise, von der man sagen kann, dass sie – im w?rtlichen Sinn – herbeigeredet wurde. Im Internet kann der Journalismus die Kritik über sich selbst nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 kontrollieren, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Damals konnte man Leserbriefe schreiben, und die Redaktion hat entschieden, ob ein journalismuskritischer Leserbrief ver?ffentlicht wird oder nicht. Es lag also weitgehend in der Hand des Journalismus, die Kritik an sich selbst zu kontrollieren. Das hat sich im Internet ge?ndert. Dies hat positive Aspekte, wenn Sie etwa an Angebote wie das Bildblogdenken, das sehr detailliert und kritisch die Bild-Zeitung, mittlerweile auch andere Medien, begleitet.
Allerdings hat sich in den letzten ungef?hr anderthalb Jahren noch eine ganz andere Art von Journalismuskritik im Internet herausgebildet, die nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 nur punktuell Fehlleistungen moniert, sondern den Journalismus sehr pauschal und kampagnenhaft angreift. Oft stehen leicht durchschaubare politische Intentionen dahinter, vor allem im Kontext der PEGIDA-Bewegung. Das Schlagwort ?Lügenpresse“ ist ja 2014 zum Unwort des Jahres gew?hlt worden. Man kann sich durchaus vorstellen, dass allein diese Debatte dazu beitr?gt, dass der Journalismus an Glaubwürdigkeit verliert. Diejenigen, die den Lügenpresse-Vorwurf vortragen, argumentieren natürlich genau umgekehrt: Sie sagen, die Presse habe l?ngst an Glaubwürdigkeit in der Bev?lkerung verloren, und sehen das als Folge angeblicher Missst?nde im Journalismus. Es wird kolportiert, dass der Journalismus mit politischen und wirtschaftlichen Eliten eng verflochten ist, dass er versucht, die Bev?lkerung zu manipulieren, dass er absichtlich falsche Informationen weitergibt oder Brisantes unterschl?gt, etwa im Kontext des Ukrainekonflikts oder auch jetzt im Rahmen der Flüchtlingsdebatte. Dies ist die dritte Krise des Journalismus, die man etwa festmachen kann am Buch Gekaufte Journalisten von Udo Ulfkotte. Ein Pamphlet, das sich über 120 000 Mal verkauft hat (Fleischhauer 2015: 98) und viele Monate auf der Spiegel-Bestsellerliste gestanden hat. Allerdings – und das meine ich damit, dass es eine ?herbeigeredete“ Krise ist – lassen sich weder ein deutlicher Qualit?tsverlust auf Seiten des Journalismus, noch ein abrupter Glaubwürdigkeitsverlust auf Seiten des Publikums seri?s nachweisen (Reinemann/Fawzi 2016). Hier wird viel澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 versucht, eine für die Demokratie wichtige Institution vors?tzlich zu besch?digen.
Das sind also zun?chst einmal diese drei Krisen des Journalismus, die ich unterscheiden m?chte. Nach diesen drei Punkten zur Gegenwartsdiagnose habe ich nun vier Punkte zu der Frage: Wie kann die Zukunft des Journalismus aussehen? Ich m?chte hier – wie angekündigt – keine Prognosen aufstellen, sondern ich m?chte eher ?berlegungen darüber anstellen, wie sich der Journalismus verhalten k?nnte und welche M?glichkeiten ihm dafür offen stehen.
Ein erster wichtiger Punkt, der m?glicherweise ein bisschen banal klingt, ist die Empfehlung, dass der Journalismus lernen muss, sich in dieser neuen dynamischen, sehr turbulenten Umgebung zu bewegen und sich fortlaufend zu erneuern. Er braucht ein ausgefeiltes Innovationsmanagement. Nur dann wird es ihm gelingen, den vorhin beschriebenen Generationenabriss zu schlie?en. Er muss lernen, die vielen M?glichkeiten des Internets sinnvoll auszusch?pfen, und zwar durch systematisches Lernen, was auch eine st?ndige Rückkopplung durch Evaluation einschlie?t, vor allem durch ein kontinuierliches Publikums-Feedback. Da wurden viele Fehler gemacht in den letzten beiden Jahrzehnten. Ich habe diese These auch deshalb aufgestellt, weil es zuvor viele Jahrzehnte im Journalismus 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 oder weniger einen Stillstand gegeben hat. Vor allem bei den Tageszeitungen, die oft ein lokales Monopol besa?en, also keinen Wettbewerbsdruck verspürten und deshalb kaum Reformbedarf sahen. Das scheint mir im Vergleich auch zu vielen anderen Branchen eine besondere Schw?che des Journalismus zu sein. Wenige Verlagsh?user investieren in Forschung und Entwicklung – jenseits des Tagesgesch?fts, das dafür wenige Spielr?ume l?sst. Was hei?t das konkret im Fall des Internets? Es hei?t zum Beispiel, dass der Journalismus nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 monomedial denken darf. In der Vergangenheit gab es Zeitungsredaktionen, die nur für dieses Printmedium gearbeitet haben. Redaktionen müssen im wachsenden Ma?e crossmedial arbeiten. Sie müssen aber auch anfangen, und das betrifft dann vor allem die Internetredaktionen, dort eine Vielzahl von Kan?len zu bespielen. Es reicht keineswegs 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 aus, nur eine Website zu gestalten, sondern darüber hinaus müssen auch viele soziale Medien parallel noch mit Inhalten gefüllt werden. Au?erdem müssen die Kan?le verknüpft werden. Wir haben das im Jahr 2014 in einer Redaktionsbefragung untersucht (Neuberger/Langenohl/Nuernbergk 2014). Wir wollten wissen, wofür 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育, Twitter, Google+, YouTube und Blogs journalistisch eingesetzt werden. Zun?chst ist es so, dass die meisten dieser Kan?le auch tats?chlich von den Redaktionen genutzt werden. Das spricht also dafür, dass diese Vielkanaligkeit schon Realit?t ist. Abgesehen davon ist es so, dass jeder dieser Kan?le auch wiederum ganz viel kann, also multifunktional ist. Soziale Medien werden nicht nur zum Publizieren eingesetzt, sondern auch zum Recherchieren, zur Publikumsinteraktion, zur Metakommunikation, also beispielsweise zur Werbung für das eigene Angebot, oder auch zum Monitoring, also zur Beobachtung des eigenen Publikums und der Konkurrenz. Das hei?t, wir haben es hier mit ganz vielf?ltigen M?glichkeiten zu tun, was die Frage aufwirft: Ist schon klar, wofür man diese Angebote sinnvoll einsetzen kann? Das ist im Moment ein gro?er Lernprozess, in dem sich Leistungsprofile herauskristallisieren. Wir haben festgestellt, dass 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 und Twitter besonders vielf?ltig verwendet werden. Sie sind eine Art Schweizer Taschenmesser des Journalismus geworden. 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 wird etwa für die Diskussion der redaktionellen Beitr?ge eingesetzt, auch für die Beteiligung des Publikums am redaktionellen Produktionsprozess, für weichere Rechercheziele, beispielsweise, wenn es darum geht, Stimmungen in der Bev?lkerung zu erkennen oder die Resonanz auf die eigene Berichterstattung zu beobachten. Twitter als schnelles Medium mit ganz kurzen Mitteilungen dient natürlich vor allem zur Echtzeitinteraktion, aber auch für kurze Eilmeldungen, die Liveberichterstattung, den Kontakt zu Experten und Prominenten sowie die Recherche von Fakten. Blogs und YouTube sind eher spezielle Angebote: Blogs sind für l?ngerfristige Diskussionen, Hintergrundinformationen oder auch für das Schreiben von Kolumnen geeignet, YouTube natürlich für die Verbreitung eigener Videos. Wir sehen also: Jeder dieser Kan?le hat ein sehr eigenes Profil. Was ebenfalls noch eine Herausforderung ist, das sind Querverbindungen: Wie spielt man ein Thema über die verschiedenen Kan?le? Wir sehen also, dass die Komplexit?t der journalistischen Arbeit durch die Vielkanaligkeit deutlich zugenommen hat.
Was im Journalismus jedenfalls nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 ausreicht, das sind die Produktion und die Auswahl von Nachrichten alleine. Dies n?mlich entspricht der traditionellen Gatekeeper-Rolle. Es kommen nun neue Rollen für den Journalismus hinzu. Eine dieser Rollen – und das ist mein dritter Punkt zur Zukunft des Journalismus – ist die Moderatorrolle. Die M?glichkeiten der Partizipation und Interaktion im Internet werden bisher nur ansatzweise genutzt, um die ?ffentliche Meinungsbildung zu verbessern. Es ist für die Demokratie ganz wichtig, dass im ?ffentlichen Raum die verschiedenen Meinungen vorgetragen werden und dass hier, wenn man mit Jürgen Habermas argumentieren will, ein Diskurs stattfinden soll, der herrschaftsfrei, rational und respektvoll im Umgang ablaufen soll. Dass es oft anders ist, wissen wir. Und die Frage ist, wer denn jetzt im Internet die geeigneten Rahmenbedingungen für deliberative Diskurse schafft – und da sehe ich den Journalismus an erster Stelle. Allerdings müsste er dafür sein Rollenverst?ndnis ?ndern, weil er bisher noch nicht gewohnt ist, auf Augenh?he mit dem Publikum zu kommunizieren. Es gibt dafür leider wenige gute Beispiele, an denen man sehen kann, wie so etwas aussehen k?nnte. Ein Beispiel ist der Lesesaal der FAZ auf faz.net, der im September 2015 er?ffnet wurde. Den gab es vor einigen Jahren schon einmal, er wurde aber damals – obwohl er viel Lob erntete – wegen geringer Publikumsresonanz wieder eingestellt. Jetzt gibt es einen Neustart. Dabei wird der Versuch unternommen, jede Woche gemeinsam mit den Lesern ein Buch zu diskutieren. Man bekommt Auszüge aus diesem Buch, eine Rezension der Redaktion, und man kann es absatzweise kommentieren, der Leser kann also mit den Redakteuren gemeinsam ein Buch durcharbeiten. Das ist ein anspruchsvoller Versuch, Bücher zu diskutieren. Allerdings ist auch diesmal die Resonanz noch minimal. Selbst in der FAZ-Leserschaft ist also die Bereitschaft gering, an einem solchen Projekt mitzuwirken.
Schlie?lich noch die Navigatorrolle. Immer 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 verlagert sich das gesellschaftliche Leben ins Internet, und den Nutzern f?llt es, wie wir wissen, schwer, sich dort zurechtzufinden, die Informationslawine zu bew?ltigen, die uns da entgegenrollt. Auch hier sehe ich den Journalismus in der Pflicht: Als Navigator – andere Begriffe sind Kurator und Gatewatcher – soll er dem Publikum Orientierung geben, sei es durch Recherche, sei es durch Verlinkungen oder sei es durch die Kommentierung anderer Websites.
Schlie?lich bleibt noch als achter und letzter Punkt die Theoriefrage, ob wir in der Journalismusforschung einen breiteren Vermittlungsbegriff brauchen. Wir haben traditionell eine starke Fixierung auf den professionellen Journalismus. Wir er?rtern mittlerweile, ob auch Amateure und Algorithmen journalistische Aufgaben übernehmen k?nnen. Im Bereich der Medienregulierung wird im Moment viel über die Rolle von Intermedi?ren wie Suchmaschinen und Social-Media-Plattformen, etwa Google und 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育, diskutiert. Die Frage lautet hier, ob diese nicht genauso ?ffentliche Vermittlungsaufgaben haben und damit wie der Journalismus eine gesellschaftliche Verantwortung übernehmen müssen. Denken sie etwa an die Hasskommentare auf 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 und die Frage, ob diese gel?scht werden sollten. ?hnlich stellt sich im Fall von Google die Frage, inwieweit dort inhaltliche Verzerrungen bei den Suchergebnissen Meinungsbildungsprozesse beeinflussen k?nnten. Darüber hinaus scheint es mir auch wichtig zu sein, nicht immer nur den Journalismus im Blick zu haben, sondern auch die anderen publizistischen Teilsysteme. Dazu z?hle ich Beratung, Bildung, Unterhaltung und Kunst. Wir erleben im Internet ein Verschwimmen dieser unterschiedlichen Sparten, die etwa im Programm des ?ffentlich-rechtlichen Rundfunks noch recht sauber getrennt sind. Wenn man sich beispielsweise die Website von Spiegel Online ansieht, dann findet man dort alles: neben Journalismus auch Beratung, Bildung, Unterhaltung und Kunst. Abgesehen davon, finden wir Vermittlung nicht nur in der Massenkommunikation, sondern auch in kleineren ?ffentlichkeiten bis hin zu personalisierten Vermittlungsleistungen, etwa durch individuelle Expertenberatung oder auf selektiven Informationsm?rkten, also etwa auf Stellen- und Partnerm?rkten. Ich glaube, wir haben noch keine umfassenden, auch theoretischen Vorstellungen davon, wie vielf?ltig Vermittlungsprozesse sind.
Weiterführende Literatur
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