50 Jahre Universit?t Bremen

Universit?tsgeschichte in Objekten

Welche Entwicklungen der Wissens- und Bildungsgesellschaft spiegelt die 50-j?hrige Geschichte der Universit?t Bremen wider? Was macht das Campusleben heute aus? Mit diesen und anderen Fragen haben sich Studierende der Public History am Institut für Geschichtswissenschaft in einem 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育semestrigen Lehr- und Lernprojekt besch?ftigt. Seit dem Sommersemester 2019 recherchierten sie im Universit?tsarchiv sowie im Staatsarchiv Bremen und setzten sich mit der Geschichte der Bremer Universit?t in Objekten auseinander. Diese erz?hlen zusammengestellt deren ?materiale“ Geschichte. Im Wintersemester 2020/21 hat eine weitere Studierendengruppe für die Objektgeschichten ihrer Kommiliton*innen eine Multi-Channel-Strategie entwickelt: Entstanden sind ein Kalender mit 12 Objektgeschichten und als Story-Auskopplung eine digitale Infostele. Den Kalender gibt es als Print- und Online-Ausgabe sowie als digitale Plakatausstellung. Neben dem Kalender gibt es einen eigenen Twitter-Account zum Universit?tsjubil?um, auf dem die Objektgeschichten komprimiert gepostet wurden. Au?erdem fand dort eine Zeitreise durch 50 Jahre Bremer Universit?tsgeschichte statt.

Kalender 2021

Das Siegel des Bremer Katharinen-Klosters

Norman Oetting

Der Geist einer Handelsstadt

Wer sich auf die Spuren der ersten Bremer Hochschule begibt, sollte die Suche nicht auf dem Campus der Universit?t beginnen. Der Ort der frühesten akademischen Bildung in Bremen war einmal ein Kloster und ist heute ein Parkhaus. Wie kam es dazu?

Bremen war schon immer eine Handelsstadt, gepr?gt von einer pragmatisch ausgerichteten Kaufmannschaft. Akademische Bildung spielte hier lange Zeit keine gro?e Rolle. Ein Kaufmann brauchte nicht einmal unbedingt Latein, die Weltsprache der Gelehrten, zu sprechen. Die Welt der Hanse hatte ihre eigene Sprache: Niederdeutsch. Bremen besa? schon immer ein reiches geistliches Leben. Dazu geh?rten seit 1225 auch die Dominikaner-M?nche des Katharinen-Klosters. Es lag mitten in der Stadt, zwischen S?gestra?e und Schüsselkorb.

Das Siegel des Klosters ist oval, 5,5 Zentimeter hoch und circa 4 Zentimeter breit. Abgebildet ist die Namensgeberin des Klosters, die Heilige Katharina. Zu ihren Fü?en liegt ein besiegter Ketzer oder B?sewicht. In der rechten Hand tr?gt sie einen Palmenzweig als Symbol ihres Martyriums. Gemeint ist wahrscheinlich Katharina von Alexandrien, die um 300 nach Christus allein mit ihrer Bildung und Redegewandtheit fünfzig heidnische Philosophen und eine Kaiserin zum Christentum bekehrt haben soll, und dafür hingerichtet wurde. Sie repr?sentiert das Selbstverst?ndnis der Dominikaner: Als ?domini canes“ waren die ?Hunde des Herrn“ berüchtigt dafür, Ketzer zu verfolgen. Gleichzeitig standen Bildung und Gelehrsamkeit im Zentrum ihres Ordens.

Reformation und Hochschulpolitik

Bis 1528 waren die zuletzt etwa drei?ig M?nche fester Bestandteil des st?dtischen Lebens. Dann erreichte die Reformation Bremen und die weltlichen Herren bem?chtigten sich des kirchlichen Besitzes. Der Bremer Rat schloss das Kloster und brachte im Geb?ude die st?dtische Lateinschule unter. Die hallenartigen R?ume, in denen die M?nche gemeinsam gebetet, gearbeitet und gegessen hatten, eigneten sich gut als Unterrichtsr?ume. Nach wenigen Jahren kam eine akademische Vorbereitungsklasse dazu und 1610 schlie?lich eine Hochschule mit den vier damals üblichen Fakult?ten: Recht, Medizin, Theologie und Philosophie. Denn ganz ohne Akademiker kam auch eine Handelsstadt wie Bremen nicht aus. Gebraucht wurden ?rzte, Juristen für die Verwaltung und vor allem Theologen für das Priesteramt. Bremen hatte n?mlich innerhalb des protestantischen Glaubens zum reformierten Bekenntnis gewechselt und war damit im überwiegend lutherischen Norden Deutschlands isoliert. An der als ?Gymnasium Illustre“ bezeichneten Hochschule wurden nun Akademiker dieser Konfession ausgebildet.

Das ?Hohe Gymnasium“

Das Gymnasium Illustre zog vor allem junge Menschen aus dem Umland und anderen reformierten Gebieten, wie der Schweiz oder den Niederlanden, an. Trotzdem blieb es eine kleine Hochschule. Die bis heute überlieferte Matrikel verzeichnete die H?chstzahl von 106 Studierenden im Jahr 1657. Es gab etwa zw?lf Professoren, manche lehrten nur in Teilzeit oder unterrichteten auch in der Lateinschule. Die Jahrzehnte nach dem Ende des Drei?igj?hrigen Kriegs 1648 wurden zur Blütezeit des Gymnasiums Illustre. Es gab viele Studierende und immer wieder Gelehrte mit internationalem Ruf unter den Lehrenden. 1660 wurde in den Mauern der Hochschule die erste ?ffentliche Bibliothek Bremens er?ffnet.

Im Laufe des 18. Jahrhunderts sank jedoch die Zahl der Eingeschriebenen. Die Glaubensrichtung verlor an Bedeutung für die Wahl des Studienorts. Hinzu kam, dass es ab 1734 in G?ttingen eine vollwertige Universit?t als nicht weit entfernte Alternative gab. Mit Beginn der franz?sischen Besatzung Bremens 1810 wurde die Hochschule endgültig geschlossen. Der letzte Eintrag der Matrikel hielt nur noch drei Studierende fest. ?brig blieben nur die Lateinschule und die Vorbereitungsklasse. Sie wurden Teil des modernen Bremer Schulwesens. Das Geb?ude in der Innenstadt wurde sp?ter anderweitig genutzt und im Zweiten Weltkrieg fast vollst?ndig zerst?rt. 1971/72 entstand in seinen Resten ein Parkhaus. 1984 er?ffnete die Katharinen-Passage, eine Ladenstra?e mit Gesch?ften und Restaurants. Der Gedanke, mit einer richtigen Universit?t an die akademische Tradition des Gymnasiums Illustre anzuknüpfen, ging allerdings nie ganz verloren. 1971 wurde er mit der Er?ffnung der Universit?t Bremen verwirklicht.

SuUB Bremen

Lukas Kayser

Von Karteikarten und Provisorien

Auf die Zukunft ausgerichtet sollte sie sein, die neue Staats- und Universit?tsbibliothek (SuUB) der alten Hansestadt Bremen. Aus heutiger Sicht wirkte sie allerdings gerade in ihren Anfangsjahren alles andere als futuristisch: Zun?chst wurde der Bestand per Hand auf karteikartengro?en Zetteln verzeichnet; die Mitarbeitenden sprachen von einem ??bergangskatalog“ und warteten nach wie vor auf eine zukunftsorientierte Katalogisierung. Für kurze Zeit ersetzten gedruckte Bandkataloge die Karteikarten, bis endlich 1976 mit der Einführung eines Mikrofiche-Katalogs ein wichtiger Schritt in Richtung elektronische Katalogisierung gemacht war: Auf postkartengro?em Filmmaterial waren Hunderte, stark verkleinerte Abbildungen literarischer Werke fixiert, die die Benutzer*innen mit einem speziellen Leseger?t vergr??erten.

Anlaufschwierigkeiten

Rolf Kluth, Leiter der neuen Bibliothek, war es ein besonderes Anliegen, seine Institution schon für die ersten Studierenden zug?nglich zu machen. Doch es deutete sich früh an, dass dies ein Wunsch bleiben würde: Als der Lehrbetrieb zum Wintersemester 1971/72 startete, war der Bau der Zentralbibliothek zwar schon im Gange, aber bis zum Umzug der Bibliothek aus der Stadtmitte auf den Campus sollte es noch drei Jahre dauern.

Anfangs standen den Studierenden der jungen Universit?t nur zwei Bereichsbibliotheken zur Verfügung. Auch der Bestandsaufbau erwies sich als schwierig. Die bisherige Staatsbibliothek leistete mit etwa 330.000 Werken einen wertvollen Beitrag dazu, doch die Integration dieses ?Altbestands“ in die neue Katalogisierungsordnung war zeitintensiv. Zudem mangelte es an Fachpersonal. Um die Lücken zu schlie?en, initiierte Kluth ein Ausbildungsprogramm. Anstelle verbriefter Expert*innen übernahmen Referendar*innen die Bestandsaufnahme. Gegenüber aufkommender Kritik verteidigte der Bibliotheksleiter die neuen Mitarbeitenden, die, obwohl noch in der Ausbildung, alles daransetzten, dass die SuUB im Januar 1975 für Benutzer*innen ?ffnen konnte.

Der Reformcharakter der neuen Universit?t fand auch in den Pl?nen der zugeh?rigen Bibliothek seinen Ausdruck. Das fünfgeschossige Geb?ude mit einer Fl?che von etwa 8.000 Quadratmetern bot Platz für eine Freihandbibliothek nach US-amerikanischem Vorbild. Sie l?ste das wenig nutzungsfreundliche Modell der Magazinbibliothek ab. Sich frei durch die Regalg?nge bewegen zu k?nnen, Bücher in die Hand zu nehmen und sie zu durchbl?ttern – darin wurde eine überf?llige Demokratisierung der Bibliotheken gesehen. Auch das Bremer Credo der Mitgestaltung, nicht nur durch Studierende und Lehrende, sondern auch durch universit?re Mitarbeiter*innen, spiegelte sich in der Planung der neuen Bibliothek wider. So legte das Architektenteam um Roland Kutzki Wert auf die Expertise der Bibliothekar*innen, um einen Bau zu entwerfen, der perfekt auf die Bedürfnisse einer zeitgem??en Bibliotheksorganisation abgestimmt war.

Der Standort – Herzstück oder Peripherie?

Die Neugründung von Staats- und Universit?tsbibliothek auf der grünen Wiese sorgte für Kontroversen: Vermag ein Standort in Stadtrandlage eine Bibliothek hervorzubringen, die allen Bremer*innen gewidmet ist? Kann diese neue Bibliothek zugleich das ?Herzstück“ der Universit?t werden? Lassen sich diese beiden Ansprüche miteinander vereinen? Kritische Stimmen verwiesen auf die unzureichende Verkehrsanbindung des Universit?tsstandorts – zwar bestand eine Busanbindung, jedoch lie? der Anschluss an das Stra?enbahnnetz noch lange auf sich warten; eine Bahn der Linie 6 fuhr die Universit?t erstmals am 10. Oktober 1998 an. Fürsprecher*innen argumentierten mit der prek?ren Parkplatzsituation des alten Standorts am Breitenweg. Tats?chlich gingen die Prognosen davon aus, dass der Anteil der Bibliotheksnutzung durch nicht-universit?re Besucher*innen bei nur zehn Prozent liegen würde. Eine Erhebung von 1975 ergab jedoch, dass diese Gruppe knapp die H?lfte der gesamten Nutzer*innen ausmachte. Sp?testens jetzt waren die Befürchtungen um eine Bibliothek in der Peripherie zerstreut. Und trotz der mitunter langen Anfahrtswege aus der Stadt auf den Campus ist die SuUB l?ngst zum Herzstück der Universit?t geworden.

Radfahrergruppe

Pia Francke / Paul Siemer

Figurengruppe

Die Plastik ?Radrennfahrer“ oder ?Konkurrenz“ des Bildhauers Peter Mittler befindet sich im Sportbereich der Universit?t Bremen auf dem ?stlichen Universit?ts-Boulevard zwischen GW2 und Sportturm. Ihre Einweihung fand am 26. Oktober 1978 um 11 Uhr im Beisein des Senators für Wissenschaft und Kunst, Horst Franke, statt. Die aus Polyester und Stahl bestehenden Figuren sind lebensgro?, ihre Fahrr?der mit Autolack beschichtet. Die Figurengruppe umfasst insgesamt fünf Personen: drei Radrennfahrer und zwei Trainer. Die Athleten tragen, mit einem erfundenen Produktlogo, beschriftete Trikots und liefern sich ein Wettkampfrennen. Der Fahrer im braunen Trikot stürzt, sodass der Athlet im roten T-Shirt bremsen muss, um eine Kollision zu vermeiden. Diese Gelegenheit nutzt der Sportler im blauen Trikot, um in Führung zu gehen. In den Gesichtern der seitlich zu den Fahrern stehenden Trainer spiegeln sich die Emotionen: W?hrend der Trainer im roten Trikot, dessen Züge an den nationalsozialistischen Diktator Adolf Hitler denken lassen, aus Wut über den Verlust einer aussichtsreichen Position die F?uste ballt, reibt sich der blau gekleidete Trainer vor Freude über die Führung seines Athleten die H?nde. Sein Gesicht gleicht dem von Ludwig Erhard, Wirtschaftsminister w?hrend der Regierung von Konrad Adenauer und zweiter Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, der vielen als ?Vater des Wirtschaftswunders“ gilt.

Kunst im ?ffentlichen Raum

1973 beschloss die Bremer Bürgerschaft das Programm ?Kunst im ?ffentlichen Raum“, an dem auch die noch junge Universit?t teilnahm. Das Universit?tsbauamt schrieb einen bundesweiten Wettbewerb aus, an dem sich 50 Künstler*innen beteiligten, darunter Peter Mittler, ein gefragter Bildhauer. Bei der Juryentscheidung – nachzulesen unter anderen in den Unterlagen, die vom Bremer Universit?tsarchiv (BUA) verwahrt werden – stand die gesellschaftliche Relevanz der Werke im Vordergrund. Die Kunst sollte verst?ndlich sein und vor allem durch ihre kritische Haltung, weniger durch ihre ?sthetik, überzeugen: ?Dem allgemeinen Erkenntnisinteresse der Uni Bremen entsprechend k?nnte eine Neuorientierung des Kunstverst?ndnisses auch speziell an der These ansetzen: Da? die Masse der Bev?lkerung einen gro?en Teil der bürgerlichen Kunst nicht versteht, liegt nicht an ihrer mangelnden Bildung, sondern daran, da? diese Kunst sich nicht mit den Interessen und Problemen der arbeitenden Bev?lkerung besch?ftigt.“

Treten und Stürzen für das Kapital

Nach 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育j?hriger Diskussion w?hlte die Wettbewerbsjury schlie?lich aufgrund der Sinngebung für den belegten architektonischen Bereich die Plastik von Peter Mittler aus. Das Werk steche wegen der inhaltlichen Aussage der Entsolidarisierung zwischen den Sportlern im Zuge der Konkurrenz aus den Beitr?gen hervor. Die Bedeutsamkeit der Arbeit zeige sich insbesondere in dem Ansatz, mit figurativen Mitteln und deren Anordnung soziale Bezüge zu reflektieren. Mittler wolle mit dem dargestellten Zynismus die Pervertierung der Kommerzialisierung des Sports kritisieren. Dementsprechend trug die Plastik zun?chst den Titel ?Treten und Stürzen für das Kapital“ und wurde erst sp?ter umbenannt.

Neben dieser Deutung stehen drei weitere Interpretationsans?tze, nachzulesen auf der vom BUA unterhaltenen Website ?Kunst an der Universit?t Bremen“: Die Plastik kritisiere die harten Bedingungen im Hochleistungssport, die Figurengruppe symbolisiere den imperialistischen Wettstreit zwischen verschiedenen Staaten, das Kunstwerk wolle auf die immer st?rker werdende Konkurrenz zwischen den Studierenden an der Universit?t Bremen aufmerksam machen.

Der Zahn der Zeit

Als Anfang der 1980er Jahre die politische Phase der Universit?t Bremen endete, wirkte sich das auch auf deren Kunstverst?ndnis aus. 1982 ging die Finanzierung des Programms ?Kunst im ?ffentlichen Raum“ vom Kulturressort auf die Stiftung Wohnliche Stadt über. Die Mittel wurden reduziert. Die Universit?t selbst hat kein Budget zur Erhaltung der Kunstwerke auf dem Campus – einer der Gründe, warum diese seit Jahrzehnten dem Verfall ausgesetzt sind. Zwar wurde die Figurengruppe von Peter Mittler 1992 noch einmal restauriert, aber seither ist sie wieder schutzlos Wind und Wetter und dem ?Zahn der Zeit“ ausgeliefert. Und so treten und stürzen heute beklebte und bemooste Figuren mit entstellten K?rpern für das Kapital.

Leitsystem

Cornelia Riml

Orientierung auf dem Campus

Semesterbeginn an der Uni Bremen: In der Mensa und in der Cafeteria im GW2 werden Essen und Getr?nke zubereitet, es riecht nach Kaffee und es herrscht Aufbruchstimmung. Lehrende wie Studierende eilen durch die G?nge und suchen ihre R?ume. Viele von ihnen sind zum ersten Mal auf dem Campus. Wo geht es hier zu GW2 B1820 und OEG 3790? Was bedeuten die Buchstaben und Zahlen? Steckt dahinter ein System?

Entwicklung und Planung

Als der Lehrbetrieb im Wintersemester 1971/72 im Geb?ude Geisteswissenschaften 1 (GW1) startete, war es noch schwieriger als heute, sich auf dem Campus zurechtzufinden. Denn ein Orientierungssystem hatten die Bauplaner nicht vorgesehen. Wegweiser, Tafeln, Beschilderungen oder Lagepl?ne fehlten. Es gab nur ein einziges Informationskreuz zwischen den Bl?cken B und C. Ansonsten irrten die rund 400 Studierenden des ersten Semesters sowie Lehrende und Mitarbeitende planlos umher. Die Verantwortlichen reagierten auf das Chaos, und ab Februar 1972 suchte die uni-interne Informationsabteilung nach L?sungen. Die Zeit dr?ngte. Denn bis Herbst 1973 sollten weitere Geb?ude fertiggestellt werden, für die es ebenfalls ein Leitsystem brauchte. Arbeitsgruppen für visuelle Kommunikation und Gestaltung wurden gebildet; sie standen in einem direkten Austausch mit dem Universit?tsbauamt, der Hochschule für Gestaltung, Innenarchitekt*innen, Verhaltensforscher*innen, Psycholog*innen und Soziolog*innen. Das gemeinsame Ziel: Ein einheitliches Farbleitdesign, das alle, die zum ersten Mal auf den Campus kamen, sofort verstehen würden; au?erdem sollte das neue System mit Stra?en- und Geb?udebezeichnungen auch den Au?enbereich umfassen.

Umsetzung und Anwendung

Für die Umsetzung der ambitionierten Pl?ne fehlten am Ende dann doch die Gelder. Auch kamen nach der Fertigstellung des GW2 mit seinem Gro?raum für den Studienbereich Arbeitslehre/Politik neue Herausforderungen hinzu, weil anfangs die Arbeitspl?tze dort lediglich durch mobile Stellw?nde abgetrennt waren. Als das GW2 im Oktober 1973 seinen Betrieb aufnahm, fanden sich die wenigstens in dem Neubau zurecht. ?Trotz Teppichboden, Gro?raum und farblicher Orientierungshilfen für das Unterbewu?tsein […] wird der GW2-Neubau manche noch lange als drohendes Beton-Labyrinth verfolgen“, hei?t es in der vom ?Allgemeinen Studentenausschuss“ (AStA) herausgegebenen ?Orientierungshilfe für GW2-Gesch?digte“. Und die Uni wuchs noch weiter: 1974 folgte das zweite Geb?ude für die Naturwissenschaften, kurz NW2. Hierfür entwickelte der Architekt Felix Uhlig ein ?flexibles Leitsystem aus standardisierten Bausteinen und Elementen“ – und damit die lang herbeigewünschte Orientierungshilfe. 1980 wurde sie schlie?lich auch im GW2 eingeführt, nach der Aufl?sung des dortigen Gro?raums.

Orientierung heute

40 Jahre sp?ter lassen sich beim Spaziergang über den Campus immer noch Teile des, seinerzeit so hei? ersehnten, Leitsystems finden – obwohl es viele der ausgeschilderten Einrichtungen l?ngst nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 gibt. Wie viele der rund 19.000 Studierenden im Jahr 2020 haben wohl schon einmal vergebens die, immer noch im Parkhaus ausgeschilderten, ?Kunstp?dagogik/Druckwerkst?tten“ oder den ?Stillraum“ gesucht? Unabh?ngig davon informiert heute ein Lageplan auf der Uni-Website über die aktuelle Infrastruktur des Campus. Seit 2011 liefert darüber hinaus die ?Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung“ (KIS) und die ?Kritische Initiative für Vielfalt und Inklusion“ (kivi) Informationen zur Barrierefreiheit. Mittlerweile ist visuelle Kommunikation 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 als reine Orientierung auf dem Campus: Sie ist ein Wegweiser, der zu weiteren wichtigen Stationen führt wie Barrierefreiheit, Inklusion und Diversit?t.

Der Weg nach oben

Julian Wesch

Gro?e Treppe des Aufstiegs

?Die rote Uni“, so wurde die Universit?t Bremen in ihren ersten Jahren gerne genannt und sie hat sich von diesem Ruf bis heute nicht vollends befreien k?nnen. Doch was ist wirklich dran an diesem Mythos? Vielleicht hilft ein Wandbild dabei, diese Frage zu kl?ren: Im Treppenhaus des Geb?udes GW2 entstand 1980 die ?Gro?e Treppe des Aufstiegs“ oder ?Der Weg nach oben“ des Malers Jimmi D. Paesler zusammen mit Kunststudierenden der Universit?t.

Im Vordergrund sieht man 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育ere graue M?nner, die in ein weiteres Bild blicken, in ein Bild im Bild. Im zweiten Bild rechts sitzt eine Gruppe Studierender an einem Tisch, sie diskutiert. Hier haben die Künstler*innen sich selbst verewigt. Zentrales Element im Bild sind die Stufen einer hohen Treppe, umgeben von vier S?ulen aus Bücherstapeln mit symbolischen Figuren und Gegenst?nden: ein Karl Marx als Pirat mit Holzbein und Hakenhand, geballte F?uste, Computerteile und anderes technisches Ger?t sowie die Wissenschaft in Gestalt einer barbusigen Frau; sie h?lt in ihren H?nden einen Geldschein und ein Banner mit der Aufschrift: ?Freyheyt der Wissenschaft“. Die S?ulen tragen eine Plattform am Kopf der Treppe. Sie führt zu einem halb offenen Tor, hinter dem ein verhei?ungsvolles gelbes Licht zu sehen ist.

Auf der Treppe befinden sich vier blau gekleidete Menschen, die mit sichtlicher Anstrengung hinaufklettern. Die Person links ist gestürzt und damit gescheitert, Papiere gleiten ihr aus der Hand. Die Person unten rechts hat ein Transparent mit der Aufschrift ?STREIK“ fallen lassen. Auf der Plattform stehen weitere Personen, ihnen ist der Aufstieg gelungen. Einige gehen durch das Tor ins Licht, eine blickt zurück. Rechts springt jemand in unbekannte Tiefen.

Die Personen auf der Treppe und der Plattform k?nnen als Studierende gedeutet werden, die sich auf dem langen und mühevollen Weg durch das Studium ins Berufsleben befinden. Wer auf der Plattform angekommen ist, hat es geschafft und geht durch das Tor einer scheinbar strahlenden Zukunft entgegen. Nur wenige blicken zurück auf diejenigen, die sich noch nach oben k?mpfen. Doch nicht allen gelingt der soziale Aufstieg und das Politische bleibt auf der Strecke. Das Streik-Transparent ist bereits weit unten verloren gegangen. Dialektisch dazu wird die Plattform des Erfolgs aber nicht nur von den Symbolen für Wissen und Wissenschaft getragen, sondern auch von jenen, die für politisch linken Widerstand und Systemver?nderung stehen. Die Gesellschaft, in Gestalt ?Grauer Herren“, steht au?erhalb des Bilds und beobachtet gespannt den Aufstiegskampf, unt?tig verharrend.

Vom Bild zur Uni

Das Bild im GW2 spiegelt den hochschulpolitischen Diskurs seiner Entstehungszeit wider: Die Universit?t Bremen wurde bei ihrer Gründung zu Beginn der 1970er Jahre nach dem sogenannten Bremer Modell realisiert. Es war der Versuch, eine Universit?t von der Basis an demokratisch aufzubauen und dabei gleichzeitig neue F?cher anzubieten. An den US-amerikanischen Campus-Universit?ten orientiert, sollte sie inhaltlich transparenter werden, ein Ort kritischer Bewusstseinsbildung und der 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 interner Gruppen. Damit verbunden war auch ein st?rkerer Einfluss der Studierenden auf den Lehrbetrieb. Vor allem konservative Hochschulpolitiker verliehen ihr deshalb schnell, noch vor der Er?ffnung, den Ruf einer linken Universit?t und ?roten Kaderschmiede“.

In den sp?ten 1970er Jahren wurde vom Bundestag das Hochschulrichtliniengesetz beschlossen, das Studierenden den Wechsel zwischen den Universit?ten erleichtern und Lehrinhalte besser vergleichbar machen sollte. Dies gef?hrdete die Eigenst?ndigkeit der Bremer Universit?t in Bezug auf Lernstoff und Abschlüsse. Proteste waren die Folge. Gleichzeitig wuchs der Anpassungsdruck. So war die Universit?t nicht in die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) aufgenommen worden und musste deshalb auf F?rdermittel verzichten. 1980 stellte der Senator für Bildung ein Achtpunkteprogramm zur Neustrukturierung auf. Die staatliche Seite gewann die Oberhand an der Universit?t. Nicht einmal zehn Jahre nach ihrer Gründung stand das Bremer Reformmodell vor dem Aus. So erinnert die ?Gro?e Treppe des Aufstiegs“ an die erste Phase der Bremer Universit?t, in der Hochschul- und Gesellschaftspolitik als Einheit gedacht wurden. Ihre Aussage ist nach dem Bologna-Prozess Anfang der 2000er Jahre nicht weniger relevant als vor 50 Jahren.

Einstufige Juristenausbildung

Léon D?pke

Zeugnis

Das Bild zeigt einen Ausschnitt des Deckblatts eines Zeugnisses des ?Ausbildungs- und Prüfungsamts für die einstufige Juristenausbildung“ der Freien Hansestadt Bremen aus dem Jahr 1984. Es ist mit dem bremischen Siegel versehen und damit eindeutig als offizielles Dokument zu erkennen. Nach über 35 Jahren erscheint es in einem anderen Licht – und das nicht wegen der ausgeblichenen Farben und Gebrauchsspuren, sondern weil es uns heute die Geschichte eines gescheiterten Experiments erz?hlt.

Einstufige Ausbildung

Die Achtundsechziger sorgen für ver?nderte Strukturen, neue Professor*innen lehren an neu gegründeten Hochschulen. Auch die Universit?t Bremen hat, als sie zum Wintersemester 1971/72 den Betrieb aufnimmt, den Anspruch, anders zu sein: moderner, spontaner und politischer als die etablierten Universit?ten ihrer Zeit. Dieser Anspruch spiegelt sich in einer Reihe neuer Studieng?nge wider, wie in der einstufigen Juristenausbildung.

Die einstufige Juristenausbildung ist ein Experiment. Noten gibt es nicht. Es wird lediglich zwischen ?Bestanden“ und ?Nicht Bestanden“ unterschieden. Kritiker*innen des Studiengangs werfen ihm mangelnde Vergleichbarkeit vor. Daher ist es angehenden Jurist*innen kaum m?glich, ihr in Bremen begonnenes Studium an einem anderen Ort fortzusetzen. Dabei wird der einstufige Jura-Studiengang nicht nur in sozialdemokratisch regierten Bundesl?ndern wie Bremen eingeführt, sondern auch an anderen Universit?ten wie im konservativ regierten bayerischen Augsburg. Die Einführung des neuen Studiengangs scheint also weniger damit zusammenzuh?ngen, welche Landesregierung in einem Bundesland das Sagen hat, sondern viel澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 welche Einstellung vom Rektorat einer Universit?t vertreten wird.

Wie ist das Studium aufgebaut?

Der neuen Juristenausbildung an der Universit?t Bremen liegt eine ?nderung des ?Deutschen Richtergesetzes“ vom 10. Mai 1971 zugrunde: Diese erm?glicht, dass ?Studium und praktische Vorbereitung in einer gleichwertigen Ausbildung von mindestens fünfeinhalb Jahren“ zusammengefasst werden k?nnen (§ 5 b). Die erste Staatsprüfung kann durch eine Zwischenprüfung oder durch ausbildungsbegleitende Leistungskontrollen ersetzt werden. Es ist m?glich, Teile der Prüfung schon w?hrend der Ausbildung abzulegen. An der Bremer Universit?t beginnt die Ausbildung mit einem zweisemestrigen Sozialwissenschaftsstudium. Daran schlie?t sich ein, auf sechs Semester ausgelegtes, Hauptstudium an. Es folgt ein, auf ein Thema fokussiertes, Projektstudium im Umfang von vier Semestern. Der Praxisanteil ist mit insgesamt 23 Monaten praktischen Arbeitens hoch; davon sollen 17 Monate im Hauptstudium und sechs im Projektstudium absolviert werden. Die eigentliche Prüfung umfasst einen exemplarischen Teil sowie eine wissenschaftliche Arbeit.

Die politische Abwicklung

Nachdem 1982 die Regierung in Bonn von sozialliberal zu christlich-liberal wechselt, fehlt der bundespolitische Rückhalt für die reformierte Juristenausbildung. 1985 verabschiedet sich die Politik von der einstufigen Juristenausbildung – auch in Bremen. Zum Wintersemester 1985/86 bietet die Universit?t den Studiengang nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 an. Sie wechselt nach 15 Jahren zum etablierten Modell, das klar zwischen Ausbildung und Praxis trennt. Bis zum endgültigen Auslaufen des Studiengangs an der Universit?t Bremen im Jahr 1992 schlie?en insgesamt 545 Studierende ihre einstufige Juristenausbildung erfolgreich ab.

Objekt 3083540

Willie Müller

Feldrecherche

Es gibt nur wenige Orte auf dem Campus, die ich immer wieder aufsuche. Einer dieser Orte ist das GEO-Geb?ude, dessen Grundsteinlegung im Oktober 1986 erfolgte. In dem Geb?ude mit seinen beiden Lichth?fen stehen auf den Fluren Vitrinen, in denen zahlreiche geologische Objekte ausgestellt sind. Am Ende eines Flures befindet sich eine Vitrine mit ganz anderem Inhalt: Zwei tragbare Computer und ein IBM-Desktop mit altertümlichem Monitor sind darin zu sehen. Auf dem Monitor liegt ein Zettel, auf dem steht, was ein solcher Computer damals kostete: 10.000 D-Mark.

Das Geheimnis der grünen Zeichen

Die Computer in der Vitrine stammen aus einer vergangenen Zeit, von der für viele nur Elektroschrott übrig geblieben ist. Mich laden die Ger?te ein, mich in die 1980er Jahre zurückzuversetzen und mich an das erste Erlebnis in der digitalen Welt zu erinnern. Wohl niemand h?tte zu jener Zeit gedacht, dass das Warten auf das Laden eines Programms, das schlurfende Ger?usch eines Diskettenlaufwerks und die ersten grünen Zeichen auf einem Monochrom-Monitor einmal ein Gefühl der Sehnsucht ausl?sen würden. Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, w?hrend ich auf den Computer in der Vitrine schaue. Seitlich am Geh?use erkenne ich einen Aufkleber mit der Nummer 3083540. Diese Inventarisierungsnummer verweist auf Horst D. Schulz. Er geh?rte zu den ersten Professoren des 1986 gegründeten Fachbereichs Geowissenschaften (FB 05). Er kam von der Universit?t Kiel und wurde als Fachgebietsleiter für Geochemie und Hydrogeologie nach Bremen berufen. An seine neue Wirkungsst?tte brachte er den IBM Personal Computer (PC) mit, der heute in der Vitrine im GEO-Geb?ude steht.

Datenverwaltung

Als die PCs Anfang der 1980er Jahre auf den Markt kamen, entstand in Karlsruhe der erste deutsche Internetknoten. Die Computervernetzung war noch sp?rlich und für die universit?ren Rechenzentren kaum von Bedeutung. In den Folgejahren wurden immer 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 PCs installiert, schon bald geh?rte computergestützte Forschung zum akademischen Alltag. Daher war es nur folgerichtig, dass der FB 05 für seinen Neubau von Anfang an ein eigenes Rechenzentrum plante. Die steigende Zahl von Desktop-Computern führte zu einer Dezentralisierung der Datenverwaltung. Das Rechenzentrum, das seit der Gründung der Bremer Universit?t bestand, wurde zum Regionalen Rechenzentrum (RRZ) ausgebaut. 1991 wurde schlie?lich das Zentrum für Netze (ZfN) eingerichtet, das sich in den Anfangsjahren um die dezentrale Versorgung der Hochschul-IT kümmerte.

Aus alt mach neu

In den 1990er Jahren entwickelte sich die Digitaltechnik rasant. 1994 ging die Universit?t Bremen online. Für das ZfN brachten die grundlegenden Ver?nderungen in der Informationstechnik immer 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 Aufgaben mit sich. Seit 2014 betreibt es auch das neu gebaute Green-IT-Housing-Center, in dem die Rechner-Infrastruktur der Universit?t und der au?eruniversit?ren Forschungsinstitute zusammengefasst ist. Für mich passt es zu der hier skizzierten Entwicklung, dass das Green-IT-Housing-Center neben der Annahmestelle für Elektroschrott in der Halle der ehemaligen Müllsauganlage eingerichtet wurde. Der ?Bremer Uni-Schlüssel“, die offizielle Zeitung der Universit?t, kommentierte in seiner Ausgabe vom April 2013 das Bauvorhaben mit dem Satz: ?Aus alt mach neu“. Rückblickend f?llt mir auf, dass Mitarbeitende des ehemaligen RRZ an der Planung des Green-IT-Housing-Center beteiligt waren und daran mitgewirkt haben, die Idee eines zentralen Ortes für Datenverarbeitung wiederzubeleben. Damit kehren meine Gedanken zurück zu der Vitrine im GEO-Geb?ude, in der ein Rechner mit der Objektnummer 3083540 ausgestellt ist.

Obaichthys decoratus

Andreas Schweers

Wiederentdeckt

Im Jahr 1995 spendete eine alte Dame der Universit?t Bremen ein Fossil, dessen Besonderheit sich erst sechs Jahre sp?ter herausstellen sollte. Sie hatte mit ihrem Mann eine Weile in Südamerika gelebt und das besondere Stück zur Erinnerung an diese Zeit aufbewahrt. Bis 2001 lagerte es wenig beachtet in einer Schublade der Geowissenschaftlichen Sammlung. Erst w?hrend der Vorbereitungen zu einer Ausstellung wurde es wiederentdeckt.

Ein ganz besonderer Fisch

Bei dem Fossil handelt sich um einen Obaichthys decoratus, einen pr?historischen Raubfisch, dessen Nachfahren, die Knochenhechte, bis heute in Nord- und Mittelamerika zu Hause sind. Obaichthys decoratus aber lebte vor etwa 100 Millionen Jahren, in der frühen Kreidezeit, auf dem Gebiet vom heutigen Brasilien. Das hell- bis dunkelbraune Fossil ist ungef?hr 37 Zentimeter lang und circa 7 Zentimeter breit. W?hrend auf der einen Seite Haut und Schuppenstruktur gut zu erkennen sind, zeigt die andere Seite das Innere des Tiers mit der Wirbels?ule und dem innen liegenden Gewebe. Kopf, K?rper und Flossen sind jeweils gut zu unterscheiden. Wie alle Hechtarten besitzt auch der Obaichthys decoratus einen langen, walzenf?rmigen K?rper mit l?nglichem Kopf und dem charakteristischen flachen Maul, das an einen Entenschnabel erinnert. Bei dem Fossil aus der Bremer Geowissenschaftlichen Sammlung scheint dieser Teil des Kiefers nicht vollst?ndig erhalten zu sein. Vor allem oben und unten am K?rper des Tieres gut zu erkennen sind die besonders harten Ganoid- oder Schmelzschuppen, ein spezielles Merkmal der Knochenhechte.

Von Brasilien nach Bremen

Anf?nglich für einen kleinen Hai gehalten, wurde der Fisch 2001 als Obaichthys decoratus identifiziert. Das Fossil konnte auf die sogenannte Santana-Formation zurückgeführt werden, eine bedeutende Lagerst?tte von Fossilien in der gleichnamigen Region im Osten Brasiliens. Hier lassen sich unter anderem ?berreste von Krokodilen, Schildkr?ten und auch Dinosauriern ausgraben. Funde aus Santana gelangen in touristischen Regionen Brasiliens nicht selten in den Verkauf als Souvenirs. So kam wom?glich auch das Bremer Fossil in den Besitz seiner Spenderin. Auf der ganzen Welt berühmt wurde die Santana-Formation nicht wegen der ?berreste von Dinosauriern, sondern vor allem aufgrund der gro?en Mengen dort gefundener Fischfossilien. Diese blieben 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育heitlich in einem ausgezeichneten Zustand erhalten und sind deshalb von besonderem Wert für die Pal?ontologie. So verwundert es nicht, dass die Erforschung dieser Region bereits 1817 von den beiden Naturforschern Johann Baptist von Spix (1781–1826) und Carl Friedrich Philipp von Martius (1794–1868) im Rahmen einer von K?nig Maximilian I. Joseph von Bayern (1756–1825) finanzierten Brasilien-Expedition begonnen wurde.

Tierfamilien wie die Knochenhechte werden auch als ?lebende Fossilien“ bezeichnet, weil sie sich im Laufe der Jahrmillionen kaum ver?ndert haben. Die gefundenen Fossilien als eigene Arten zu identifizieren und nicht blo? als ?Urgro?eltern“ der heute lebenden, ist also nicht ganz einfach. So wurde der Obaichthys decoratus erst 1992 als eigene Art beschrieben. Darum erregt jeder neue Fund das Interesse der Fachwelt – auch das Bremer Fossil, als es korrekt zugeordnet worden war. Es wurde zur genauen Untersuchung an einen Experten in Chicago geschickt. Wahrscheinlich hat es dazu beigetragen, dass schlie?lich 2010 die Obaichthyidae als eigene, wenngleich ausgestorbene Gruppe von Raubfischen beschrieben werden konnten. Das Fischfossil der Geowissenschaftlichen Sammlung der Universit?t Bremen ist ein besonderes Objekt: Es steht für die Faszination, die Dinge aus l?ngst vergangenen Zeiten auf uns ausüben. Mit seiner ungew?hnlichen Herkunfts- und Forschungsgeschichte belegt es au?erdem stellvertretend die Einbindung der Bremer Universit?t in die internationale Wissenschaftsgemeinschaft.

Mensabrand

Eva Vo?hans

Ein verheerendes Bild

Eines der einschneidendsten Ereignisse in der 50-j?hrigen Geschichte der Universit?t Bremen ist der Brand der Mensa am 17. Juni 1997. An diesem Tag stand die zentrale Verpflegungseinrichtung auf dem Campus in Flammen. Zwei Kinder hatten auf dem Dach gezündelt und so das Feuer ausgel?st. Der ehemalige Gesch?ftsführer des Studierendenwerks Bremen, Christian Rohlfing, erinnert sich: Das k?nne und dürfe nicht sein, habe er in der ersten Minute gedacht. Die abgebrannte Mensa habe ?ein verheerendes Bild“ geboten. Nach den L?scharbeiten zeigte sich das ganze Ausma? der Verwüstung. Auch das über der Mensa liegende Studierendenwohnheim war betroffen. ?Ich befand mich ab sofort im Krisenmodus“, so Christian Rohlfing. Wie sollte vor allem die Essensversorgung der Studierenden und Lehrenden weitergehen?

Freimarkt-Atmosph?re

Die 150 Studierenden des Wohnheims wurden unter anderem im nahe gelegenen Hotel Munte sowie in privaten Quartieren untergebracht. Herausfordernder gestaltete sich die Sicherstellung der Essensversorgung. Um eine halbwegs vernünftige L?sung zu finden, bezog Rohling das Personal der Mensa und das der Zulieferer in die Planung mit ein. Behelfsm??ig wurde die Ausgabe der Speisen auf dem Campus im GW2-Geb?ude untergebracht. So konnte die Mehrzahl der Mitarbeiter*innen der Mensa weiterbesch?ftigt werden. Im November, fünf Monate nach dem Brand, wurde diese ?bergangsl?sung durch ein Zelt ersetzt. Dadurch und durch die mobilen Imbisswagen auf dem Campus entstand für Studierende und Besch?ftigte eine Art Freimarkt-Atmosph?re an der Universit?t.

Mensa 2000

Drei Jahre sp?ter, am 14. M?rz 2000, wurde die neue, hochmoderne Mensa mit effizientem Bedien- und Ausgabesystem er?ffnet. Bis zu 6.000 Mittagessen konnten in zweieinhalb Stunden ausgegeben werden. Nicht nur das Ambiente war mit Porzellangeschirr zeitgem??er als vor dem Brand, sondern auch das Essensangebot: Neben dem Stammgericht und Menü gab es nun eine Salattheke und einen ?Auswahltresen“, unter anderem für Vegetarier*innen. Mit der Neuer?ffnung hielt die Digitalisierung Einzug in die universit?re, gastronomische Einrichtung. In der Mensa erleichterten computergesteuerte Dampfdruckgarger?te und Flie?band-Fritteusen die Zubereitung der Speisen. Dem Konzept der ?Mensa 2000“ entsprechend sollte fortan zur Vermeidung langer Wartezeiten digital bezahlt werden: Die MensaCard war ein 4,5 Gramm leichtes, rechteckiges Stück Plastik mit abgerundeten Kanten. Die Karte war 8,5 Zentimeter lang, 5 Zentimeter hoch und einen Millimeter breit.

Doch wie so oft in der Geschichte der Bremer Universit?t rief diese Innovation Protest hervor. Anders als das durch die Plastikkarte erworbene Essen, welches sich gegenüber der alten Küche stark verbessert hatte, stie? die neue Bezahlm?glichkeit auf Kritik. Da an sechs der acht Kassen nur noch bargeldlos bezahlt werden konnte, empfanden die Studierenden die MensaCard als Zwangsma?nahme. Zudem emp?rte sie die Erfassung der Matrikelnummer bei der Anmeldung für die Karte; das Essen sei nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 anonym. Das Studierendenwerk erkl?rte in einem Informationsheft, dass es sich bei der MensaCard nicht um eine ?Datenkrake“ handle. Boykottiert wurde sie trotzdem. An den beiden verbliebenen ?klassischen“ Bezahlkassen bildeten sich an den ersten Tagen nach der Wiederer?ffnung der Mensa lange Schlangen. ?Eigentlich wollte das Studentenwerk durch die weitgehende Umstellung auf die neue Mensa-Card Staus vermeiden, passiert ist aber erstmal das Gegenteil“, kommentierte die ?taz“ am 15. M?rz 2000. Zwar gibt es bis heute Vorbehalte gegenüber dem bargeldlosen Bezahlen, aber dennoch ist rückblickend klar: Mit der Wiederer?ffnung der Mensa im M?rz 2000 begann bei der Essensversorgung das digitale Zeitalter. Oder, um noch einmal Christian Rohlfing zu Wort kommen zu lassen: ?Mit der Zerst?rung der alten Mensa, einem zunehmend unwirtlichen Ort und einer veralteten Technik, er?ffnete sich die einmalige Chance zu einem v?lligen Neuanfang, der mit einem schlichten Umbau nicht erreicht worden w?re.“

Haus der Wissenschaft

Anna Leinen

Stadt der Wissenschaft

2005 wird Bremen ?Stadt der Wissenschaft“. In dem zum ersten Mal stattfindenden Wettbewerb überzeugte die Hansestadt, gemeinsam mit Bremerhaven, die Jury des ?Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft“ mit einem Konzept zur Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Stadt. Einer der H?hepunkte des umfangreichen Jahresprogramms ist die Er?ffnung des Hauses der Wissenschaft in der Sandstra?e 4/5. Was passt besser zu der Auszeichnung ?Stadt der Wissenschaft“, als eine Institution, die Forschung und Wissenschaft in der Mitte ebendieser Stadt verankert?

Wissenschaft in bester Lage

Durch den Standort des Hauses unweit des Rathauses rückt das Wirken der Campus-Universit?t mit ihren zahlreichen renommierten Forschungseinrichtungen ins Zentrum der Stadt und ihrer Bürger*innen. Das Geb?ude selbst hat eine bewegte Geschichte hinter sich: 120 Jahre diente es als Haus ?Vorw?rts“ dem gleichnamigen Arbeiterbildungsverein für Treffen und Sitzungen. 1973 unter Denkmalschutz gestellt, war es von 1974 bis 2000 eine Polizeiwache. 2005 halten Forschung und Wissenschaft Einzug, nachdem auf einer Fl?che von 1.400 Quadratmetern 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育ere Vortragss?le und R?ume für wechselnde Ausstellungen entstanden sind. Die Einrichtung wird getragen von einem gemeinnützigen Verein, dem vierzehn namhafte Institutionen angeh?ren, darunter die Bremer Universit?t, die Hochschulen Bremen und Bremerhaven, das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, das Deutsche Zentrum für Künstliche Intelligenz, das Deutsche Schifffahrtsmuseum, das Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS, das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM, das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung sowie das Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie.

Für die Gesellschaft

Mit dem Haus der Wissenschaft betreten die Tr?ger bundesweit Neuland. Ihr Ziel: Die Stadtgesellschaft für Forschung zu begeistern und sie mit Weiterbildungsangeboten und innovativen Formaten direkt anzusprechen. Das spiegelt auch die Er?ffnungsrede des damaligen Pr?sidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) wider. So betont der Biochemiker Prof. Dr. Ernst-Ludwig Winnacker die Wichtigkeit des neuen Begegnungszentrums für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft: ?Gerade wegen der Ambivalenz des Fortschritts bleibt als Ausweg allein der Weg an die ?ffentlichkeit, um mit ihr die Alternativen zu er?rtern und sie entscheiden zu lassen.“

Von Neandertalern und Regenwürmern

Die ersten Schritte auf dem Weg heraus aus Laboren und H?rs?len und hinein in die ?ffentlichkeit macht das Haus der Wissenschaft mit seinem Tag der offenen Tür am 1. Oktober 2005. Zeitgleich startet mit ?Albert Einstein – Mann des Jahrhunderts“ die erste Ausstellung. Die Veranstaltungsreihe ?Wissenschaft und Wirtschaft“ im November 2005 l?dt die Bremer*innen ein, ihre Stadt ?auf dem Weg zur High-Tech-Region“ neu kennenzulernen. Formate wie ?Wissen um 11“ bieten Raum für Referent*innen aus der Wissenschaft, die interessierte Bürger*innen an ihren Forschungen teilhaben lassen. Dabei stehen die gro?en und kleinen Fragen der Wissenschaft genauso im Fokus wie aktuelle gesellschaftspolitische Themen: Konnten Neandertaler sprechen? Wie bauen Regenwürmer Schadstoffe ab? Was sagen uns die Ergebnisse der letzten Bundestagswahl? Sechzehn Jahre nach der feierlichen Er?ffnung steht fest: Das Konzept, durch anschauliche Berichte aus der Forschung den Transfer zur Stadtgesellschaft herzustellen, funktioniert. Bis heute begeistern Vortragsreihen, Schüler*innen-Projekte und wechselnde Ausstellungen Bremer*innen weiterhin für Wissenschaft ?direkt vor der Haustür“.

Zentrales Prüfungsamt

Chantal Karstens

Freiheit durch Bologna?

Am 19. Juni 1999 unterzeichnen die Vertreter*innen von 29 europ?ischen Staaten, darunter Deutschland, im italienischen Bologna eine gemeinsame Erkl?rung. Die Ziele: Schaffung eines europ?ischen Hochschulraums bis 2010, europaweite Vergleichbarkeit von Studieng?ngen und -abschlüssen sowie 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 Mobilit?t und Chancen für Studierende. Die sogenannte Bologna-Erkl?rung hat für die Bundesrepublik weitreichende Folgen: Eine Umstrukturierung der Studieng?nge für eine Vereinheitlichung wird notwendig; Diplom und Magister werden von Bachelor- und Masterabschlüssen abgel?st. Der Bachelor bietet die M?glichkeit des vorzeitigen Berufseinstiegs. Mit den neuen Abschlüssen sollen 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 Optionen für Studierende geschaffen werden. Ein zweistufiges System wird eingeführt. Von nun an wird das European Credit Transfer System (ECTS) etabliert: Credit Points als neue W?hrung des Studiums. Auch das Lehramtsstudium, das bislang mit dem Staatsexamen abgeschlossen wurde, unterliegt der Reform. Im Bundesland Bremen erfolgt die Umstellung zum Bachelor of Arts und Master of Education zum Wintersemester 2005/06. Das l?st die bisherige Struktur für das Lehramt ab: Die Stufenlehrerausbildung wird abgeschafft, die Ausbildungsdauer verl?ngert und schulpraktische Anteile neu verteilt.

Der sogenannte Bologna-Prozess ver?ndert darüber hinaus die Organisationsabl?ufe in den Hochschulen. Für die damals eingeführten Prozesse in den Verwaltungen, die auch heute noch den Alltag der Studierenden bestimmen, steht an der Universit?t Bremen das Zentrale Prüfungsamt für die Sozial- und Geisteswissenschaften (ZPA). Dessen Eingang befindet sich auf dem Universit?ts-Boulevard neben der Mensa im Zentralbereich B. Das ZPA ist nicht nur zust?ndig für die Prüfungsangelegenheiten der Fachbereiche mit h?heren Nummern, sondern auch für alle Lehramtsstudierenden, und zwar unabh?ngig von der Fachbereichszugeh?rigkeit.

Fair?

Im Jahr 2010, dem angestrebten Ende des Prozesses, 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育en sich die gegnerischen Stimmen. In etlichen Bundesl?ndern wird demonstriert. Intransparenz, Verschulung und das Richten nach wirtschaftlichen Interessen sind einige der vielen Punkte, die diskutiert und kritisiert werden. Was ist damit gemeint? ?Vor Bologna waren wir viel freier im Studium. Wir mussten weniger Leistungen erbringen und es hat trotzdem gut funktioniert“, erz?hlt Herr S., der in den 1990er Jahren an der Universit?t Bremen auf Lehramt studierte und dem sein Zeugnis über die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an ?ffentlichen Schulen von der Freien Hansestadt Bremen nur wenige Woche nach der Unterzeichnung der Bologna-Erkl?rung ausgestellt wurde. ?Wir hatten ein kleines Kind und konnten nicht immer anwesend sein. Aber die Struktur des Studiums hat dies unterstützt und für uns m?glich gemacht, die Ausbildung zu beenden. Andere wiederum konnten im Ausland für einige Semester studieren, das hat auch damals keinerlei Probleme bereitet“, erz?hlt er. Seiner Meinung nach helfe das neue System vor allem der Wirtschaft. Es helfe den Firmen billige, gut ausgebildete Arbeitskr?fte durch den Bachelor-Abschluss zu bekommen. An die Studierenden werde dabei kaum gedacht. Mit dieser Meinung steht er nicht allein da. Der Sozialwissenschaftler Martin Winter weist unter anderem auf die Entwertung des Abiturs hin. Er betont, dass das Abitur nur noch eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung zur Hochschulzulassung darstelle. Die Hochschulen stellten zunehmend eigene Ansprüche wie Sprachkenntnisse oder Praktika für die Vergabe ihrer Studienpl?tze. Diese Entwertung sei zwar nicht explizit in der Reform verankert, habe sich aber parallel zur Umsetzung der Bologna-Erkl?rung entwickelt.

Zwischenfazit 2021

Auch im Jahr 2021 ist der ?Bologna-Prozess“ nach wie vor nicht abgeschlossen – auch nicht in Bremen: Ein stabiles System wurde aufgel?st und musste einer Reform weichen, die fehlerhaft ist und die Freiheit der Studierenden einschr?nkt. Eine Weiterentwicklung ist notwendig und das Ziel eines funktionierenden europ?ischen Hochschulraums weiterhin zentral. Die Kritiker*innen werden nur dann schweigen, wenn die Kritikpunkte verschwinden.

MaMBA

Niklas Drescher

Nah am Leben, fern der Erde

Im n?rdlichen Bereich des Campus steht er und überragt alle Geb?ude: der 146 Meter hohe Fallturm, der am 28. September 1990 eingeweiht wurde. Der Turm ist ein Forschungslabor und geh?rt zum Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM), das ich im Rahmen eines Seminars besuche. In einer Laborhalle neben dem Fallturm werde ich aufmerksam auf eine gro?e, zylinderf?rmige Konstruktion. Diese geh?rt zum ?Moon and Mars Base Analog“ (MaMBA), welches sich mit zukünftigem Wohnen und Arbeiten auf Mond und Mars besch?ftigt. Als jemand, der sich in der Raumfahrt nur wenig auskennt, ist meine Vorstellung von Objekten, die auf fernen Planeten eingesetzt werden, eine andere, als dieser schlichte, edelstahlfarbige Zylinder, der eher an einen Milchtank erinnert.

Sichere Unterkunft

?Ich habe keinen Zweifel, dass wir früher oder sp?ter tats?chlich zum Mars fliegen k?nnen, aber der Transport ist natürlich nur ein Teil der Herausforderung. Wenn ich vorab keine sichere Unterkunft konzipiert habe, nützt mir der Transport allein gar nichts“, sagt die Geophysikerin Christiane Heinicke im Interview. Seit 2017 arbeitet sie am ZARM mit ihrem Team am MaMBA-Projekt und besch?ftigt sich mit dem autarken Leben auf Mond und Mars. Wichtige Erfahrungen, die dem Projekt zugutekommen, stammen von ihrer Teilnahme am HI-SEAS-Projekt auf Hawaii 2015. Dort verbrachte sie, auf einem Vulkan in einer simulierten Marsstation, 366 Tage mit anderen Wissenschaftler*innen – ohne direkten Kontakt zur Au?enwelt. ?Das Habitat auf Hawaii hat diesen relativ offenen Raum, den gro?en Aufenthaltsraum. Man hat fünf bis sechs Meter bis zur Decke oben, was erst einmal nach Platzverschwendung klingt, aber auf der anderen Seite eben auch dazu führt, dass man sich nicht eingeengt fühlt“, erz?hlt Heinicke. Jedes MaMBA-Modul hat eine H?he von sieben Metern und einen Durchmesser von fünf Metern, also eine Grundfl?che von etwa 15 Quadratmetern. Beim Labormodul bleibt nach Abzug des Inventars wie Laborschr?nke eine begehbare Fl?che von acht Quadratmetern pro Stockwerk. Geplant ist, dass sich ein Habitat aus insgesamt acht unabh?ngigen Modulen und Schleusen zusammensetzt. ?Wenn ein Modul ausfallen sollte, egal welches Modul, wenn irgendein Problem auftritt, das kann ein Brand sein, der Austritt einer Chemikalie, dann k?nnen sich die Astronaut*innen in die anderen Module retten“, erl?utert Heinicke.

Optimale Raumausstattung

Im Unterschied zu anderen Habitat-Modellen ist das Ziel des MaMBA-Projekts, einen Wohn- und Arbeitsraum zu entwickeln, der den tats?chlichen Bedingungen auf Mond und Mars standh?lt und der Crew eine sichere Unterkunft bietet. Das bezieht sich auf das gesamte Lebenserhaltungssystem inklusive Sauerstoffversorgung. Bei vorangegangenen Forschungen wie dem HI-SEAS-Projekt, das aus einem Modul bestand, lag der Fokus darauf, psychologische Erkenntnisse über das Zusammenleben auf begrenztem Raum zu gewinnen. Beim Bremer Projekt wurde bei der Konstruktion, neben der Eignung für den Einsatz auf Mond und Mars, auf eine optimale Ausstattung der R?ume geachtet. Die Einrichtung ist flexibel und auf die wissenschaftlichen Instrumente abgestimmt.

Arbeiten auf Mond oder Mars

Auch aufgrund der technischen Entwicklung ist Christiane Heinicke sich sicher, ?dass es eher eine Frage der Zeit ist, bis auf Mond und Mars ein l?ngerfristiger Aufenthalt wechselnder Teams zu Forschungszwecken m?glich sein wird“. Bei entsprechenden finanziellen Mitteln sei dies in den n?chsten zwanzig Jahren auf dem Mars durchführbar, auf dem Mond sogar schon früher. Dabei müssten viele Abstriche gemacht werden: ?Verzichten muss man auf alles, was sich nicht von der Erde transportieren l?sst. Natürlich kann man auch Freunde und Familie nicht besuchen, sondern nur per E-Mail oder Videobotschaft in Kontakt bleiben. Und je nach Abstand zur Erde kommen diese Nachrichten stark zeitversetzt an, sodass man für einen Austausch von Informationen viel Geduld aufbringen muss.“ Auch die Ressource Wasser ist stark limitiert; beim HI-SEAS Projekt konnte jede*r Teilnehmer*in lediglich acht Minuten pro Woche duschen. W?hrend ich Christiane Heinicke zuh?re, frage ich mich, ob das Arbeiten auf dem Mond oder Mars etwas für mich w?re. Ich wei? es nicht. Doch sicher ist: Das MaMBA-Projekt hat meine Neugier auf fremde Planeten geweckt.

Herausgeber:
Universit?t Bremen
Institut für Geschichtswissenschaft
Geschichte in der ?ffentlichkeit – Public History
Universit?ts-Boulevard 13
28359 Bremen

Projektkoordination:
Dr. Thekla Keuck

Texte und Bilder:
Léon D?pke
Niklas Drescher
Pia Francke
Chantal Karstens
Lukas Kayser
Anna Leinen
Willie Müller
Norman Oetting
Cornelia Riml
Andreas Schweers
Paul Siemer
Eva Vo?hans
Julian Wesch

Bildnachweis für das Februar-Kalenderblatt: Roland Kutzki, CC BY-SA 3.0 <https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0>, via Wikimedia Commons

Bildnachweis für das September-Kalenderblatt: Weerachai Khamfu/Shutterstock.com; Abel Tumik/Shutterstock.com

Bildnachweis für das Dezember-Kalenderblatt: SPACE IS MORE

Gestaltung und Satz:
Jefferson & H?gerle / Visuelle Kommunikation

Lektorat:
Sandra Pixberg / Textbüro Rügen

Das Projekt wird unterstützt von der Universit?t Bremen anl?sslich ihres 50-j?hrigen Bestehens.

Aktualisiert von: Anna Leinen