Deutschland investiert derzeit Milliardensummen, um den Aussto? von Treibhausgasen durch Stahlwerke deutlich zu reduzieren. Dies soll vor allem durch die Umstellung auf den Wasserstoffbetrieb passieren. Aber wie misst man überhaupt die Menge an Treibhausgasen, die beim Produktionsprozess entstehen? ?Bisher war man weitgehend auf Angaben und Berechnungen der Stahlhersteller angewiesen“, sagt Dr. Heinrich Bovensmann vom Institut für Umweltphysik (IUP) der Universit?t Bremen. ?Nun haben wir ein Verfahren entwickelt, mit dem man diese Freisetzungen auch unabh?ngig messen und berechnen kann – mit Satellitendaten zur Zusammensetzung der Atmosph?re.“
Bei der Herstellung von Stahl entstehen gro?e Mengen an Kohlenstoffdioxid (CO2) und Kohlenstoffmonoxid (CO). 2022 betrugen beispielsweise die deutschen CO2-Emissionen der Roheisen- und Stahlerzeugung nach Angaben des Umweltbundesamtes rund 23,5 Millionen Tonnen. Dass diese Emissionen auch aus dem Weltraum feststellbar sind, wissen die IUP-Forschenden sp?testens seit dem gro?en Moorbrand im Emsland im September und Oktober 2018: ?Das war kein offenes Feuer, sondern eins, das im Boden schwelte“, so Heinrich Bovensmann. ?Solch ein Brand erzeugt besonders viel Kohlenstoffmonoxid, was wir dann auch mit den hochgenauen Bildern des 2017 gestarteten Erdbeobachtungssatelliten Sentinel-5P sichtbar gemacht haben.“ Was aber auch zu sehen war, war eine Kohlenstoffmonoxid-Abgasfahne aus dem Ruhrgebiet – die des gr??ten deutschen Stahlstandortes in Duisburg.
Dem Kohlenstoffmonoxid mit Satelliten auf der Spur
Postdoktorand Oliver Schneising aus dem IUP-Team interessierte sich fortan für diese Emissionen und untersuchte Satellitendaten auch im Hinblick auf weitere deutsche Stahlstandorte mit integrierten Hüttenwerken. Hier wies er die Kohlenstoffmonoxid-Freisetzungen in Duisburg, Dillingen,Salzgitter Bremen und Eisenhüttenstadt zweifelsfrei nach. ?Die prim?re Stahlerzeugung erfolgt weltweit überwiegend mit dem sogenannten Linz-Donawitz-Verfahren. Bei diesem Verfahren wird Sauerstoff auf kohlenstoffreiches Roheisen aufgeblasen, um den Kohlenstoffgehalt mittels Oxidation zu minimieren und so hochwertigen kohlenstoffarmen Stahl zu erhalten“, erl?utert der Bremer Wissenschaftler. ?Das dabei freigesetzte Kohlenstoffmonoxid – CO – l?sst sich mit der neuen Generation von Satellitensensoren vom Weltraum aus besser bestimmen als das Treibhausgas CO2 selbst.“
Um aus den Erdfernerkundungsmessungen die CO-Emissionen zu bestimmen, sahen sich die Bremer Forschenden um Schneising die meteorologischen Verh?ltnisse – insbesondere den Wind – zu den Messzeitpunkten genau an. ?Wir haben die CO-Emissionen der oben genannten Stahlstandorte bestimmt und zu den CO2-Emissionen ins Verh?ltnis gesetzt, die von den Stahlherstellern für dieselbe Zeitperiode berichtet wurden“, sagt Schneising. ?Diese Analyse ergibt standortübergreifend eine sehr hohe Korrelation von CO mit CO2. Dies rechtfertigt es, aus den CO-Beobachtungen auch die CO2-Emissionen zu bestimmen.“ Das von der IUP-Forschungsgruppe entwickelte Verfahren wurde inzwischen nach fachlicher Begutachtung in einer renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften ver?ffentlicht. .
Treibhausgas-Monitoringsystem für Deutschland in der Entwicklung
Die Arbeiten des Instituts für Umweltphysik zu diesem Thema finden im Rahmen einer umfangreichen Forschungsinitiative statt, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert. Sie hat den Titel ?Integriertes Treibhausgas-Monitoringsystem für Deutschland“ (ITMS) und wird vom Deutschen Wetterdienst sowie dem Max-Planck-Institut für Biogeochemie geleitet. ?Das ITMS-Projekt zielt auf die Entwicklung und Umsetzung eines Systems ab, das atmosph?rische Beobachtungen vom Boden, aus der Luft und aus dem Weltraum mit hochaufl?sende Emissionsinventaren und hochaufl?senden atmosph?rischen Modellen kombiniert und zur ?berwachung und Dokumentation von Treibhausgas-Quellen und -Senken nutzt“, erl?utert Dr. Heinrich Bovensmann vom IUP, welches die Bremer Beteiligung für das Institut koordiniert. ?Die Universit?t Bremen ist dabei für einen gro?en Teil der Aktivit?ten mitverantwortlich. Sie stimmt die Aktivit?ten im Bereich der Beobachtungsdaten ab, wobei kontinuierlich erhobene Beobachtungen aus Messnetzwerken und von Satelliten eine wichtige Rolle spielen.“
Die Forschungsgruppe des Instituts für Umweltphysik hat ihre Ergebnisse mittlerweile im angesehenen Fachmagazin ?Atmospheric Chemistry and Physics“ der European Geosciences Union publiziert: https://acp.copernicus.org/articles/24/7609/2024/
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www.itms-germany.de
www.uni-bremen.de
Fragen beantwortet:
Dr. Michael Buchwitz
Universit?t Bremen
Institut für Umweltphysik (IUP)
Telefon: +49 421 218-62086
E-Mail: buchwitzprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de