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Der Informatiker Dr. Benjamin Tannert will Rollstuhlfahrern den Weg von A nach B erleichtern

Campusgeschichte zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember 2017

Nr. 230 / 30. November 2017 KG

Was die Universit?t Bremen ausmacht, das sind die Menschen, die hier forschen, lehren, arbeiten und studieren. Wer die Universit?t besser kennen lernen m?chte, h?rt und liest h?ufig vom sogenannten ?Bremer Spirit“. Doch was verbirgt sich dahinter? Unter dem Titel ?Campusgeschichten“ stellen wir in loser Folge erfolgreiche Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, herausragende Forscherinnen und Forscher, Lehrende mit neuen Ideen sowie engagierte Studierende vor. Aber auch die Menschen, die in den Büros und hinter den Kulissen dafür sorgen, dass der Universit?tsbetrieb tagt?glich reibungslos vonstattengeht, sollen Platz in dieser Serie finden. Lernen Sie uns kennen – lernen Sie die Universit?t Bremen kennen!

Der Navigator

Dr. Benjamin Tannert, von seinen Freunden ?Benny“ genannt, zeigt, was er bereits kann. Der sympathische junge Mann steht unvermittelt aus seinem Rollstuhl auf. Schwankend h?lt er sich an der Tischplatte fest. Nur ganz kurz, dann setzt sich der Informatiker wieder. Die Anstrengung ist ihm anzusehen. Energisch und ausdauernd hat der 34-J?hrige trainiert. Unmittelbar nach seinem Unfall 2005 konnte er im Krankenbett nur ganz vorsichtig einen Zeh bewegen. Niemals hat er den Mut verloren und einen langen Weg zurückgelegt.

Wege vereinfachen

Seit einem halben Jahr arbeitet Benjamin Tannert als Postdoc in der Geoinformatik-Gruppe ?Human-Computer Interaction“ von Lichtenberg-Professor Johannes Sch?ning. Navigation ist das Hauptthema dieser Forschungsgruppe im Fachbereich Mathematik/Informatik der Universit?t Bremen. Wie k?nnen mobile Ger?te verbessert werden? lautet der Ansatz im weitesten Sinne. Benjamin Tannerts Thema ist die Rollstuhl-Navigation. Er sucht nach Algorithmen, die für die Betroffenen Wege von A nach B vereinfachen k?nnen.

Vorfahrt geschnitten: Querschnittsl?hmung

Der Informatiker ist gebürtiger Bremer. Aufgewachsen in der Vahr, legte er sein Abitur an der KSA, der heutigen Oberschule an der Kurt-Schumacher-Allee, ab. ?Ich liebte die Informatik und hatte nur dieses eine Studienziel“, sagt er. 2003 begann er an der Universit?t Bremen. Das Studium lie? sich gut an, machte Spa?. Bis zu jenem Tag im Juni 2005, als ein angetrunkener Autofahrer dem jungen Mann auf dem Motorrad die Vorfahrt schnitt. Benjamin Tannert spricht nüchtern über seine Querschnittsl?hmung, über Prognosen und Hoffnungen.

?Freunde trugen mich die Treppe rauf“

In einer Spezialklinik in Hamburg nutzte er s?mtliche Therapie- und Trainingsm?glichkeiten, machte privat weiter. ?Was mich motiviert hat? Für ein Studium der Informatik ist doch egal, ob ich im Rollstuhl sitze, da musste ich mir keine Sorgen machen“, sagt er. In anderen Berufen s?he das durchaus anders aus. Benjamin Tannert schaffte es, nur über die Semesterferien weg zu sein. ?Zum Beginn des Wintersemesters Mitte Oktober war ich wieder zurück.“ Es klingt nach Triumph. ?Meine Familie hat mich immer unterstützt, meine Freunde haben mich die Treppen raufgetragen“, erinnert er sich.

Assistenzsysteme für Menschen mit Schwierigkeiten

2010 hat er sein Diplom abgelegt und ein Lernsystem für Kinder mit geistiger Behinderung entwickelt. ?Es soll sie im Schulalltag unterstützen. Bei der Thematik habe ich mich als Mensch mit Einschr?nkungen wiedergefunden“, unterstreicht er. Seine wissenschaftlichen Themen kreisen von da an um diese Zielgruppe. ?Es war der Grundgedanke aller Projekte.“ In seiner Dissertation erarbeitete der Informatiker ein ?emotionssensitives Assistenzsystem für Menschen mit Lernschwierigkeiten“ in enger Kooperation mit dem Martinshof Bremen. Finanzielle Unterstützung fand er in dieser Zeit im Pilotprogramm Inklusion in der Wissenschaft, das an der Universit?t Bremen aufgelegt wurde.

Hindernisse analysieren

Gemeinsam mit Masterstudierenden vergleicht er derzeit Wege für Rollstuhlfahrer mit Wegen für Fu?g?nger. ?Google Maps bietet das nicht an, aber es gibt Plattformen wie Open Route Service oder Routino. Die berücksichtigen auch Barrieren.“ Welche machen Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrern besonders zu schaffen? ?Untergrund wie Sand oder buckliges Pflaster, Steigungen, nicht abgesenkte Bordsteine“, z?hlt der Wissenschaftler auf. Ein Beispiel: ?Ich besuche mega-gern den Bremer Freimarkt, aber das Kopfsteinpflaster macht es mir schwer, ihn zu genie?en.“ Zun?chst will er herausfinden, welche Strecken Menschen mit Rollstuhl am meisten nutzen und hat in 15 Gro?st?dten Deutschlands die Planungs?mter sowie das Statistische Bundesamt angefragt. Die Antwort: ?Wir wissen es nicht, h?tten aber auch gerne solche Informationen.“

?Nimm schon eine Ampel vorher“

Ausgangspunkt für viel befahrene Wege sind nun erst einmal Behindertentoiletten und Zielpunkte ?Points of Interest“ im Umkreis von zwei Kilometern, die interaktive Karten angeben. Der n?chste Schritt wird eine 360-Grad-Kamera sein, die sich Benjamin Tannert an seinen Rollstuhl heftet. Mit dem Bilderkennungssystem will er ?hnlich wie in Google Street View Hindernisse aufnehmen. Anschlie?end will er einen automatischen Algorithmus entwickeln, der die Bilder auswerten kann. Die Informationen sollen dann in Navigationssysteme einflie?en. ?Die k?nnen dann wiederum sagen, nimm schon eine Ampel vorher, bei der n?chsten ist der Bordstein nicht abgesenkt.“ Drei Jahre will Benjamin Tannert an seinem Thema arbeiten. ?Ich mache etwas für Menschen, die mit Einschr?nkungen leben. Das bringt auch mir Spa?“, sagt er.

Achtung Redaktionen: Fotos von Benjamin Tannert erhalten Sie unter diesem Link https://seafile.zfn.uni-bremen.de/d/d755ece8b7d4413aaf1b/

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Universit?t Bremen
Fachbereich Informatik
Human-Computer Interaction (HCI)
Dr. Benjamin Tannert
Tel. 0421-218-64366
E-Mail: btannertprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de