7. Sonderfall: Text und Data Mining

Text und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung (§ 60d UrhG)
Vervielf?ltigungen für Text und Data Mining sind für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Einwilligung des Rechteinhabers zul?ssig. Die Anforderungen an diese Nutzung werden von der Schrankenbestimmung ?Text und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung gem?? § 60d UrhG bestimmt“.
I. Nutzung von Text und Data Mining für die wissenschaftliche Forschung (§ 60d UrhG)
Für Vervielf?ltigungen von urheberrechtlich geschützten Material für Text und Data Mining hat der deutsche Gesetzgeber im Jahr 2018 in § 60d UrhG eine Schranke für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung eingeführt und ihr 2021 in § 44b UrhG eine allgemeine Schranke auch für kommerzielle Nutzungen zur Seite gestellt. § 60d UrhG schr?nkt Forschende nicht ein, sich auch auf andere Schranken des UrhG zu berufen, wie eben auch auf die allgemeine Text und Data Mining-Schranke gem?? § 44b UrhG.
§ 44b Absatz 1 UrhG enth?lt die Legaldefinition des Text und Data Mining, auf die auch § 60d Absatz 1 UrhG unter Bezugnahme auf § 44b Absatz 1 und 2 Satz 1 UrhG verweist. Text und Data Mining wird definiert als ?die automatisierte Analyse von einzelnen oder 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育eren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen“ (§ 44b Absatz 1 UrhG). Erfasst wird damit jede Analyse von urheberrechtlich geschützten Materials aller Werkkategorien des § 2 Absatz 1 UrhG, wie insbesondere Texte, Bilder, Laufbilder und jede andere Form von Daten. Ausdrücklich ausgenommen sind aber Computerprogramme(§ 69d Absatz 6 UrhG). Forscher k?nnen sich insoweit aber auf die allgemeine Text und Data-Mining-Schranke in § 44b Absatz 2 UrhG berufen, soweit der Rechteinhaber keinen Vorbehalt erkl?rt hat (§ 44b Absatz 3 UrhG). Die Schranke des Text und Data Mining gem?? § 60d UrhG erfasst auch alle Leistungsschutzrechte. In § 87c Absatz 1 Nr. 5 UrhG werden Vervielf?ltigungen eines nach Art und Umfang wesentlichen Teils einer Datenbank zu Zwecken des Text und Data Mining gem?? § 60d UrhG ausdrücklich zugelassen.
?ber den Verweis auf § 44b Absatz 2 Satz 1 UrhG sind Vervielf?ltigungen aber nur ?von rechtm??ig zug?nglichen Werken für das Text und Data Mining“ zul?ssig. Rechtm??iger Zugang besteht zu urheberrechtlich geschützten Werke, die von einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Rechteinhaber und Nutzer erfasst werden, im Wege des Open Access frei zug?nglich gemacht werden oder die frei im Internet zug?nglich sind.
Der in § 44b Absatz 3 UrhG vorgesehene Nutzungsvorbehalt des Rechteinhabers ist bei der wissenschaftlichen Forschung umbeachtlich, so dass sich der Vorbehalt auf Nutzungshandlungen, die über die Schrankenbestimmung des § 60d UrhG freigestellt sind, nicht auswirkt.
1. Freigestellte Nutzungshandlungen
a) Vervielf?ltigungen
Die Schranke stellt alle Vervielf?ltigungshandlungen der Berechtigen frei, die diese zum Zweck des Text und Data Mining für die wissenschaftliche Forschung vornehmen.
b) Speicherung und Aufbewahrung
Nach § 60d Absatz 5 UrhG dürfen institutionelle Forscher (§ 60d Absatz 2 und Absatz 3 Nr. 1 UrhG) Vervielf?ltigungen so lange aufbewahren, wie es für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder zur ?berprüfung wissenschaftlicher Erkenntnis erforderlich ist. Als ?zur ?berprüfung erforderlich“ wird man nach den Anforderungen der guten wissenschaftlichen Praxis in den meisten F?llen einen Zeitraum von zehn Jahren annehmen k?nnen. Die Forschenden sind dabei aber verpflichtet, angemessene Sicherheitsvorkehrungen gegen unbefugte Benutzung zu veranlassen, wie beispielsweise in Forschungsdatenrepositorien, die gew?hrleisten k?nnen, dass notwendigen Sicherheitsma?nahmen befolgt werden.
c) ?ffentliche Zug?nglichmachung
Gem?? § 60d Absatz 4 UrhG dürfen Berechtigte (§ 60d Absatz 2 und Absatz 3), die nicht kommerzielle Zwecke verfolgen, Vervielf?ltigungen bestimmten Personen online ?ffentlich zug?nglich machen, n?mlich einem bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen für deren gemeinsame wissenschaftliche Forschung, wodurch die Zusammenarbeit mit anderen Forschern in einem gemeinsamen Forschungsprojekt erm?glicht wird, sowie einzelnen Dritten zur ?berprüfung der Qualit?t wissenschaftlicher Forschung (z.B. im Rahmen eines Peer Review-Prozesses). Sobald die gemeinsame wissenschaftliche Forschung oder die ?berprüfung der Qualit?t wissenschaftlicher Forschung abgeschlossen ist, ist die ?ffentliche Zug?nglichmachung zu beenden (§ 60d Absatz 4 Satz 2 UrhG).
d) Vertragliche Beschr?nkungen
Die erlaubten Nutzungshandlungen des Text und Data Mining gem?? § 60d UrhG k?nnen nicht durch den Rechteinhaber vertraglich beschr?nkt oder untersagt werden (§ 60g Absatz 1 UrhG).
2. Wer ist zur Nutzung berechtigt?
a) Forschungsorganisationen
Zur Vervielf?ltigung berechtigt sind Forschungsorganisationen. Dies umfasst nach der Definition in § 60d Absatz 2 Satz 2 UrhG Hochschulen, Forschungsinstitute und alle sonstigen Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben. Damit sind auch deutsche (Fach-)Hochschulen als Forschungsorganisationen einzuordnen, vorausgesetzt dass die Lehre bei ihnen nicht deutlich im Vordergrund steht. Einrichtungen, die sich ausschlie?lich auf die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse konzentrieren, sind hingegen keine Forschungsorganisationen.
Auf die Schrankenbestimmung des Text und Data Mining k?nnen sich alle Angeh?rigen der jeweiligen Forschungsorganisation berufen. M?glich ist es daher auch, dass sich Forschende von anderen Hochschulangeh?rigen unterstützen lassen, wie von studentischen Mitarbeitern oder von Mitarbeitern der hochschuleigenen Rechenzentren oder Bibliotheken.
aa) Nicht-kommerzielle Zwecke
Vorausgesetzt wird des Weiteren, dass die Forschungsorganisationen keine kommerziellen Zwecke verfolgen (§ 60d Absatz 2 Nr. 1 UrhG), die auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind. Entscheidend ist dabei nicht die Rechtsform sowie die Struktur der Forschungsorganisationen.
Alternativ müssen sie s?mtliche Gewinne in die wissenschaftliche Forschung reinvestieren (§ 60d Absatz 2 Nr. 2 UrhG). Gewinnorientierte private Hochschulen oder Forschungsinstitute, die ihre Gewinne nicht vollst?ndige in die wissenschaftliche Forschung reinvestieren, sind somit keine Forschungsorganisationen gem?? § 60d Absatz 2 UrhG.
bb) T?tigkeit im ?ffentlichen Interesse
Gem?? § 60d Absatz 2 Nr. 3 UrhG sind auch Forschungsorganisationen zur Vervielf?ltigung berechtigt, die ?im Rahmen eines staatlich anerkannten Auftrags im ?ffentlichen Interesse t?tig sind“. Ein solcher Auftrag liegt vor, wenn die Forschungst?tigkeit beispielsweise durch die ?ffentliche Hand finanziert wird.
cc) Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen
Forschungsorganisationen, die mit einem privaten Unternehmen zusammenarbeiten (sogenannte Public Private Partnership), k?nnen sich dann auf die Schrankenbestimmung des Text und Data Mining gem?? § 60d Absatz UrhG berufen, solange das private Partnerunternehmen keinen bestimmenden Einfluss auf die Wissenschaftseinrichtung ausübt und so bevorzugten Zugang zu ihren Forschungsergebnissen erh?lt (§ 60a Absatz 2 Satz 3 UrhG). Dabei ist bereits die M?glichkeit eines bevorzugten Zugangs zu den Forschungsergebnissen ausreichend. Soweit diese Vorgaben erfüllt werden, kann die Forschungsorganisation für Text und Data Mining-Aktivit?ten auf die technischen M?glichkeiten ihrer privaten Partner zurückgreifend und diese auch die Analysen durchführen lassen.
b) Einrichtungen des Kulturerbes
Kulturerbe-Einrichtungen wie Bibliotheken und Museen, sofern sie ?ffentlich zug?nglich sind, sowie Archive und Einrichtungen im Bereich des Film- und Tonerbes k?nnen sich ebenfalls auf die Schrankenbestimmung des Text und Data Mining gem?? § 60d UrhG berufen (§ 60d Absatz 3 Nr. 1 UrhG).
c) Einzelne Forscher
Einzelne Forscher k?nnen sich auf die Schranke des Text und Data Mining gem?? § 60d UrhG stützen, sofern sie mit ihrer Forschung nicht kommerzielle Zwecke verfolgen (§ 60d Absatz 3 Nr. 2 UrhG). Sie sind allerdings nicht berechtigt, ihre Vervielf?ltigungen nach Abschluss der Forschungst?tigkeiten gem?? § 60d Absatz 5 UrhG aufzubewahren.
澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育Soweit die Nutzung der urheberrechtlich geschützten Werke aufgrund von technischen Schutzma?nahmen (Passwort- und Kopierschutz, Verschlüsselungen), die ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden dürfen (§ 95 a UrhG), im Rahmen des Text und Data Mining nicht genutzt werden k?nnen, besteht ein Anspruch gegen den Rechtsinhaber, dass die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden (§ 95 b Absatz 1 Nr. 11 UrhG).
4. Quellenangabe
Soweit urheberrechtlich geschützte Werke im Falle des Text und Data Mining gem?? § 60d UrhG vervielf?ltigt werden, besteht keine Pflicht zur Urheberbenennung und Quellenangabe (§ 63 Absatz 1 Satz 1 UrhG). Für die ?ffentliche Wiedergabe in den F?llen des § 60d UrhG ist allerdings die Quelle einschlie?lich des Namens des Urhebers anzugeben, es sei denn, dass dies nicht m?glich ist (§ 63 Absatz 2 Satz 2 UrhG).
澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育Die Nutzung von Vervielf?ltigungen im Rahmen von Text und Data Mining ist angemessen zu vergüten (§ 60h Absatz 1 UrhG). Die Vergütung findet über das Pauschalvergütungssystem nach den §§ 54 bis 54c UrhG statt. Dies ist die sogenannte Ger?te- und Leermedienabgaben für Scanner, CD- und DVD-Brenner, PCs, Drucker, CDs, DVDs usw. Die Verwertungsgesellschaften - wie z.B. die VG Wort - ziehen die Vergütung bei den Importeuren, Herstellern und Betreibern von Ger?ten und Speichermedien ein und schütten sie an die Rechteinhaber aus.
Für die ?ffentliche Zug?nglichmachung über § 60d UrhG hat der Rechteinhaber ebenfalls Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung (§ 60h Absatz 1 UrhG). Dieser wird durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht (§ 60h Absatz 4 UrhG) und zwar in Form einer pauschalen Vergütung bzw. einer nutzungsabh?ngige Berechnung der angemessenen Vergütung § 60h Absatz 3 UrhG. Eine Einzelerfassung der Nutzung kann nicht verlangt werden.
Für Studierende, Lehrende und Forscher einer Hochschule ist die Hochschule der Vergütungsschuldner (§ 60h Absatz 5 Satz 1 UrhG). Die Sonderregelungen für die pauschale Ger?te- und Speichermedien- und Ger?tebetreibervergütung (§§ 54 ff. UrhG) gehen dieser Bestimmung aber vor (§ 60h Absatz 5 Satz 2 UrhG). Aber auch hiernach ist nicht der unmittelbare Nutzer selbst Vergütungsschuldner, sondern Importeure, Hersteller und Betreiber von Ger?ten und Speichermedien.
Begriffserkl?rungen
Schranken des Urheberrechts
Das Urheberrechtsgesetz enth?lt Ausnahmen, die sogenannten Schrankenbestimmungen. Sie gestatten es, urheberrechtlich geschützte Werke auch ohne Einwilligung des Rechteinhabers zu nutzen. Mit den Schranken soll ein Ausgleich zwischen den Interessen des Urhebers und denen der Gesellschaft geschaffen werden. Die Voraussetzungen für die verschiedenen gesetzlichen Nutzungserlaubnisse sind in den Paragraphen § 44a ff. UrhG geregelt.
[Themen 2-7: Sonderf?lle]
Nutzungsrechte
Der Urheber kann einem anderen das Recht einr?umen, sein Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen. Nutzungsarten sind z.B. Vervielf?ltigung oder ?ffentliche Wiedergabe. Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschlie?liches Recht sowie r?umlich, zeitlich oder inhaltlich beschr?nkt einger?umt werden (§ 31 Absatz 1 UrhG).
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Der Rechtsstand ist Mai 2018.