Forschung

Methodenentwicklung - R?ntgenwellenfunktionsverfeinerung

Herk?mmliche Verfahren zur Strukturbestimmung aus Einkristallr?ntgendaten vernachl?ssigen die Deformation der Valenzelektronen, sondern modellieren nur Atome aus sph?rischen Elektronendichten. Gerade die Deformation der Valenzelektronen zu Bindungen oder freien Elektronenpaaren macht aber die Chemie aus. Deshalb wurden Verfahren entwickelt, um die Gesamtelektronendichte experimentell zu bestimmen (Multipolmodell, Maximum-Entropie-Methoden). Diese sind bisher nur für Experten zug?nglich. Unsere neue Methode R?ntgenwellenfunktionsverfeinerung (X-ray Wavefunction Refinement, XWR) benutzt die Quantenchemie, um das R?ntgenbeugungsexperiment einfacher auswerten zu k?nnen. Der erste Schritt dabei ist Hirshfeld Atom Refinement (HAR), was zum Beispiel die Lokalisierung von Wasserstoffatomen aus R?ntgendaten so akkurat und pr?zise macht wie aus Neutronenbeugungsdaten. Der zweite Schritt ist X-ray Constrained Wavefunction Fitting (XCW Fitting), wobei Kristallfeldeffekte, Elektronenkorrelation und relativistische Effekte aus den Daten extrahiert werden k?nnen. Wir entwickeln XWR fortlaufend weiter und betreiben Softwareentwicklung (Programm HARt, implementiert in Olex2).

? Universit?t Bremen

Relativitische Effekte in der Elektronendichte

Um relativistische Effekte aus Einkristallr?ntgenbeugungsdaten mit unserer Methode XWR extrahieren zu k?nnen, müssen Verbindungen mit schweren Elementen (vor allem Organometallverbindungen mit Elementen der 6. Periode wie Pt, Au, Hg, Tl, Pb und Bi) synthetisiert werden, die Kristalle hervorragender Qualit?t liefern. Ultra-hochaufgel?ste R?ntgendaten werden am Synchrotron SPring-8 in Japan bei extrem niedrigen Temperaturen (< 20K) gemessen und dann mit der IOTC-Methode (Infinit Order Two Component) behandelt. Dazu führen wir auch viele theoretische Rechnungen an Testmolekülen durch, um Effekte wie Elektronenkorrelation, Polarisierung, Rumpfelektronendeformation und relativistische Effekte voneinander separieren zu k?nnen.

Elektronendichte-Eigenschafts-Beziehungen in der Anorganischen Chemie

Wir synthetisieren systematische Reihen von Verbindungen, die sich nur in einem Substituenten unterscheiden, um Korrelationen geometrischer mit Elektronendichteparametern zu untersuchen. Bei einer geschickten Wahl der Systeme k?nnen so Reaktionsverl?ufe oder andere chemische Prozesse über statische Momentaufnahmen simuliert werden. Jede dieser Momentaufnahmen stellt eine eigene experimentelle Elektronendichteanalyse dar, sodass tiefe Einblicke in die elektronische Natur der simulierten Prozesse gewonnen werden k?nnen. Wir arbeiten an pentakoordinierten Silylnaphthalinen, wobei die Reaktionskoordinate einer nukleophilen Substitution am Silizium simuliert werden soll. Andere Systeme sind Siloxane, bei denen wir die Ver?nderung der Basizit?t über den Si-O-Si-Bindungswinkel untersuchen. Das Konzept kann auf viele andere Gebiete und Prozesse ausgedehnt werden.

Experimentelle Elektronendichte von Protease-Inhibitoren

Wir untersuchen, inwiefern die Elektronendichte eines Wirkstoffs, erhalten aus dem Kristall der reinen Verbindung, die Elektronendichte desselben Moleküls in der biologischen Umgebung simulieren kann und inwiefern somit Vorhersagen über die Aktivit?t der Verbindung m?glich sind. Aktuelle Einsatzgebiete beschr?nken sich auf Proteaseinhibitoren, die auf elektrophilen Zentren basieren (Epoxide, Vinylsulfone) und somit Thiolfunktionen wie in Cystein-Proteasen inhibieren k?nnen. Dieses Forschungsvorhaben soll aber in der Zukunft auf andere Wirkstoffe ausgedehnt werden.