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zum Barrierearmen Lernen und Lehren Online

Einführung?in das Thema der?barrierefreien?digitalen Lehre

Newsletter Mai

Liebe Leser:innen,

willkommen zum ersten Newsletter des BALLON-Projekts, der sich immer rund um die Barrierefreiheit/Barrierearmut dreht. Die Corona-Pandemie und die damit einhergehende Verlagerung des Pr?senzstudiums in digitale Lern- und Lehrformate stellen Hochschullehrende, Mitarbeitende und Studierende vor eine besondere Herausforderung. Unser Team m?chte deshalb mit dem Projekt BALLON  Barrierearmes Lernen und Lehren Online  ein Supportsystem für Lehrende und Studierende bezüglich eines barrierearmen digitalen Studiums an Bremer Hochschulen aufbauen. In diesem Rahmen wird monatlich ein Newsletter erscheinen, der diverse Themen zur  barrierearmen Lehre und zum Lernen behandelt. In dieser ersten Ausgabe m?chten wir eine Einführung in die barrierearme digitale Lehre geben.

 

1. Was ist BALLON?

Ziel des BALLON-Projektes ist es, die Chancengleichheit zu erh?hen und gesetzlich verpflichtende Anforderungen an die Barrierearmut gemeinsam mit den Hochschulangeh?rigen umzusetzen (ma?geblich ist das Bremische Behindertengleichstellungsgesetz – BremBGG). Das Unterstützungsangebot umfasst das Informieren und Sensibilisieren zum Thema Barrierearmut, das Beraten bei der eigenst?ndigen Erstellung und ?berprüfung von Studienmaterialien, das Bereitstellen von Checklisten und Werkzeugen und das Prüfen solchen Materials auf Barrierearmut.

 

2. Barrierearmut oder Barrierefreiheit?

Die Begrifflichkeiten Barrierearmut und Barrierefreiheit werden oft synonym verwendet, dabei bestehen Unterschiede. Barrierefreiheit ist gesetzlich in § 5 BremBGG definiert. Der Begriff Barrierearmut ist hingegen gesetzlich gar nicht gebraucht und wird umgangssprachlich oft im Zusammenhang mit der Verringerung von Hindernissen verwendet, die den Bewegungsapparat betreffen1. Barrierearm umschreibt die Reduzierung von Barrieren, w?hrend barrierefrei von einem umfassenden Abbau aller Barrieren ausgeht2. Des Weiteren verfolgt der Begriff der Barrierefreiheit einen statischen und vor allem einen eindeutigen Zustand. Dies bedeutet, dass gerade im digitalen Zeitalter die unzul?nglichen technischen Kenntnisse beseitigt werden müssen3. Hinzu kommt, dass der Begriff der Barrierefreiheit auch in der digitalen Welt einen immer h?heren Stellenwert einnimmt und daher im sprachlichen Gebrauch h?ufiger ist4. Konsens besteht dennoch über das Ziel, wonach ein vollst?ndiger Zugang für alle Menschen und uneingeschr?nkte Nutzungsm?glichkeiten in allen durch den Menschen gestaltete Lebensbereiche erreicht werden soll. Dies umfasst sowohl den Abbau baulicher als auch digitaler Barrieren.

Wir haben selbst über die Verwendung der Begrifflichkeiten diskutiert, wobei folgende Argumente aufkamen: Gegen den Begriff der Barrierefreiheit spricht für die Stiftung-Liebenau, dass ein vollst?ndiger Abbau der Barrieren für alle Menschen gleicherma?en durch die unterschiedlichsten Bedürfnisse nicht zu erreichen sei5. Dafür spricht jedoch die Betonung des Ideals und das eindeutige Streben danach. Hinzu kommt, dass der Begriff Barrierearmut zwei negative Begriffe enth?lt. Sowohl Barrieren als auch Armut sind im allgemeinen Verst?ndnis negativ konnotiert. Im Vergleich zu anderen Sprachen, existiert im englischen nur das Wort full accessibility, das mit Barrierefreiheit zu übersetzen ist. Barrierearmut hingegen spiegelt eher die wirklich vorliegende Situation wieder und ist damit realit?tsn?her. Deshalb bevorzugen wir als Team den Begriff der Barrierearmut. Uns ist wichtig zu betonen, dass Barrieren auch nach einem weitgehenden Abbau nicht au?er acht gelassen werden dürfen. Denn Barrierearmut kommt nicht blo? einer Minderheit zugute, sondern unterstützt alle.

De Oliveira (2018) betrachtet sowohl die Barrierefreiheit als auch die Barrierearmut als negative Begrifflichkeiten für die Gesellschaft. Der erste Begriff beinhaltet auf der einen Seite nach de Oliveira einen nahezu utopischen Zustand, der nicht erreichbar ist. Auf der anderen Seite ist der Begriff der Barrierearmut gleich mit zwei negativen Konnotationen belastet, weshalb de Oliveira diesen Begriff zwar als realit?tsnaher kennzeichnet, aber noch nicht als passend . Eine optimale Begrifflichkeit, die sich diesem Thema widmet, wird durch den oben genannten Begriff Zug?nglichkeit oder auch full accessibility erst realit?tsnah betrachtet und behandelt. Durch diese Begrifflichkeit werden nicht nur Barrieren im Bereich der Behinderung aufgegriffen, sondern auch weitere Einschr?nkungen eingeschlossen, die unsere Gesellschaft pr?gen k?nnen. Fakt ist allerdings, dass jede Begrifflichkeit einen Prozess darstellt. In diesem Prozess ist es notwendig, Barrieren und Einschr?nkungen im gesellschaftlichen Miteinander zu beheben. De facto sollen nicht Regeln oder Richtlinien entscheiden, was barrierefrei, barrierearm oder voll zug?nglich ist. Viel澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 müssen die Bedürfnisse der Menschen, die betroffen sind, genauer wahrgenommen und betrachtet werden6.

 

3. Relevanz des Themas in der digitalen Lehre

Barrierearmut im digitalen Bereich bedeutet, dass dieser für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grunds?tzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zug?nglich und nutzbar ist, vgl. § 5 BremBGG (das Gesetz spricht hierbei von Barrierfeiheit). Gerade durch die Corona-bedingte Verschiebung des Lernraums in den digitalen Bereich zur ausschlie?lichen Online-Lehre hat die Bedeutung vorhandener digitaler Barrieren im Studium und das Bewusstsein für die Konsequenzen Betroffener st?rker in den Fokus gerückt. Nun ist es für das Absolvieren des Studiums unerl?sslich einen m?glichst barrierearmen digitalen Bereich zu schaffen. Daneben sind aber auch von der Pandemie unabh?ngige Faktoren vorhanden, die zur Steigerung der Relevanz einer barrierearmen Online-Lehre führen. Hierunter z?hlt z. B. die gef?rderte Digitalisierung der Hochschulen. Diese streitet auch voran, sodass auch unabh?ngig von der Pandemie zukunftsorientiert die F?rderung der digitalen Barrierearmut notwendig ist.

 

4. H?ufigkeiten und Formen der Behinderungen und Erkrankung7

Behinderungen und Erkrankungen betroffener Studierender sind sehr vielf?ltig und oftmals für die Lehrenden und Mitstudierenden nicht wahrnehmbar. Im Land Bremen gaben 31 % der befragten Studierenden an, eine physische oder psychische Behinderung oder Erkrankung zu haben. Davon erschweren 16 % der Behinderungen und Erkrankungen das Studium. Hierbei weisen 60 % einen starken, 28 % einen mittelm??igen und lediglich 12 % einen schwachen Grad der Studienbeeintr?chtigung auf. Mit 53 % von allen Behinderungen und Erkrankungen handelt es sich überwiegend um psychische Erkrankungen. Daneben treten noch chronisch-somatische Erkrankungen in 20 % der F?lle und andere langfristige Erkrankungen mit 6 % geh?uft auf. Die anderen 14 % verteilen sich auf Bewegungs-, H?r- und Sprech- sowie Sehbeeintr?chtigung und die Teilleistungsst?rung. Die Ursachen k?nnen dabei verschiedenen Ursprungs sein. So kann eine Beeintr?chtigung durch eine Behinderung, eine Erkrankung, aber auch durch Betreuungsaufgaben oder in Form einer Sprachbarriere insbesondere bei Nicht-Muttersprachler:innen entstehen.

 

5. Anforderungen an die Lehre

Die Barrieren aller Behinderungen und Erkrankungen w?hrend des Studiums k?nnen zwar nicht universell und anhand einer definierten Regel abgebaut werden, allerdings kann und sollte die Kompatibilit?t zwischen Lehrenden als Sender und dem Empf?nger auf Studierendenseite verbessert werden. Dieses Ziel wird gesetzlich gefordert, wodurch sich die Barrierearmut in Form ver?nderter Lehrstrukturen zur Erfüllung gesetzlicher Anforderungen auswirkt. Als Leitlinie für eine weitestgehend barrierearme Lehre k?nnen das KISS- und das Mehrkanal-Prinzip genutzt werden. Das KISS-Prinzip bedeutet: Keep It Short And Simple. Zudem sollte die Informationsvermittlung über mindestens zwei Sinne erfolgen (Mehrkanal-Prinzip) z. B. auditive Vorlesung und schriftliches Skript. Die Gestaltung des Lehrmaterials sollte hierauf angepasst sein. Hierzu k?nnen weitere Informationen, Checklisten und Werkzeuge auf unserer Website abgerufen werden.

Es wird deutlich, dass dem Thema Barrierearmut nicht blo? vereinzelt Bedeutung zukommt. Um den Abbau der Barrieren zu erm?glichen, ist eine Auseinandersetzung mit dem Thema und eine entsprechende Anpassung der Lehre n?tig. Die folgenden Newsletter sollen hierzu neben weiterem Hintergrundwissen und den gesetzlich verpflichtenden Anforderungen insbesondere auch Hilfestellungen zur Gestaltung von barrierearmen Material wie PDFs, der Vorlesung oder auch zu barrierearmen Prüfungen geben. Im n?chsten Newsletter geht es beispielsweise um den sprachlichen Umgang mit Begrifflichkeiten wie ?Beeintr?chtigung“ und ?Behinderung“. Bei Fragen oder für weitere Informationen und Hilfestellungen zur/zum barrierearmen digitalen Lehre/Lernen kann sich gerne an uns gewandt werden (ballonprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de).

Liebe Grü?e

Ihr BALLON-Team


Quellen: 

1Busch (Stand 2019): Steckbrief Barrierearmut und -freiheit, Zukunftszentrum Holzminden H?xter, https://www.behindertenbeauftragter.de/DE/DerBeauftragte/DerBeauftragte_node.html.

2Wenz und Hauser (2015): Websites optimieren - Das Handbuch. Springer Fachmedien Wiesbaden.

3

Barrierekompass (2005): Portal für digitale Barrierefreiheit. URL: barrierekompass.de/aktuelles/detail/barrierefrei-barrierearm-accessible-oder-einfach-benutzerfreundlich.html

4ebd.

5Für den Begriff der Barriereramut: Stiftung Liebenau (Hrsg.): In unserer Mitte - Der Mensch,  Barrierearmut - Stiftung Liebenau (stiftung-liebenau.de).

Für Barrierefreiheit:Aktion Mensch (Hrsg.)Einführung in Barrierefreiheit, Einführung in die Barrierefreiheit : Einfach für Alle (einfach-fuer-alle.de).

6De Oliveira, Domingos (2018): Barrierefreiheit umsetzen. Ein Leitfaden für Unternehmen, Beh?rden und NGOs. Books on Demand. Norderstedt.

7Middendorff, E. et al (2017): Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2016. 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks. Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), URL;

Poskowsky, J. et al. (2018): Beeintr?chtigt studieren – best2. Datenerhebung zur Situation Studierender mit Behinderung und chronischer Krankheit 2016/17. Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), URL.

Aktualisiert von: Ballon Team