?Ich m?chte den Menschen in seiner Gesamtheit verstehen“
Ob Diabetes oder Adipositas: Die Erforschung chronischer Krankheiten und deren Pr?vention steht im Mittelpunkt der Arbeit von Professor Wolfgang Ahrens. Der Epidemiologe ist Professor der Universit?t Bremen und stellvertretender Direktor des Bremer Leibniz-Instituts für Pr?ventionsforschung und Epidemiologie (BIPS). Beide Einrichtungen sind Mitglieder der Forschungsallianz U Bremen Research Alliance. Ahrens’ Arbeit umfasst ein breites Forschungsgebiet mit sozialer Verantwortung. Es setzt ein gesellschaftsorientiertes Transferverst?ndnis voraus.
Unter anderem führt der Wissenschaftler Studien zur Erforschung chronischer Krankheiten durch. Eine der gr??ten ist zurzeit die NAKO Gesundheitsstudie. Hier werden über einen Zeitraum von mindestens 20 bis 30 Jahren M?nner und Frauen im Alter von 20 bis 69 Jahren wissenschaftlich untersucht und befragt. Die Abkürzung NAKO steht für Nationale Kohorte. Ziel der Langzeitstudie ist es, die Entstehung sogenannter Volkskrankheiten wie Krebs, Diabetes oder Herzinfarkte besser zu verstehen. ?Der Mensch ist keine Maschine, sondern funktioniert nur im kulturellen und sozialen Kontext“, sagt Ahrens. ?In unseren 18 NAKO-Studienzentren in Deutschland findet t?glich ein direkter, pers?nlicher Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern statt“, so der Epidemiologe. Hier führt das Studienpersonal Befragungen und medizinische Untersuchungen durch und leistet Aufkl?rungsarbeit. Bei Auff?lligkeiten, wie einem von der Norm abweichenden Blutwert, erhalten die Studienteilnehmenden eine Rückmeldung. Gegebenenfalls bekommen sie die Empfehlung, sich von einem Arzt genauer untersuchen zu lassen. ?An unserer Studie teilzunehmen, dient auch der eigenen Vorsorge“, so Ahrens.
?Auch in Gesundheitsmagazinen ver?ffentlichen“
Das Zusammenspiel zwischen Biologie und dem sozialen Kontext des Menschen, in dem er lebt, weckte bereits früh Wolfgang Ahrens’ Interesse. Bereits in seinem Studium der Humanbiologie widmete er sich Fragestellungen aus dem Gebiet der Epidemiologie, die sich mit der Verbreitung und den Ursachen und Folgen von gesundheitsbezogenen Faktoren in der Gesellschaft besch?ftigten. ?Ich bin damit offensichtlich in eine ,Marktlücke‘ gesto?en“, so Ahrens, ?denn in den 1980er-Jahren gab es in Deutschland so gut wie keine Epidemiologen“. Dass man in diesem Fach seine wissenschaftlichen Erkenntnisse über Krankheiten und Pr?vention in die Gesellschaft tragen muss, wurde ihm mit der Zeit zunehmend bewusst. ?Es gilt nicht nur, die Ursachen zu erforschen. Man muss sie auch beseitigen.“ Die aus seiner Arbeit resultierende soziale Verantwortung nimmt Ahrens ernst: ?Wahrscheinlich bin ich ein kleiner Weltverbesserer. Ich habe immer den Anspruch gehabt, dass das, was ich tue, auch gesellschaftlich relevant ist.“ Dafür sei es wichtig, Forschungsergebnisse mit der ?ffentlichkeit zu teilen. Um seinen Pr?ventionsauftrag zu erfüllen und seine Erkenntnisse m?glichst breit zu streuen, ver?ffentlicht Ahrens auch in allgemeinen Gesundheitsmagazinen wie der Apotheken Umschau.
?Politikberatung für einen Paradigmenwechsel“
Auch die von Ahrens koordinierte europ?ische Studie IDEFICS und deren Nachfolgestudie I.Family widmeten sich den Auswirkungen von Ern?hrung und Lebensstil auf die Gesundheit. Sie waren an der Universit?t Bremen, dem BIPS und 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 als 20 weiteren Standorten in der EU angesiedelt. Von 2006 bis 2017 haben Forschende in verschiedenen europ?ischen L?ndern den Gesundheitszustand, das Ern?hrungsverhalten, die k?rperliche Fitness, die Umgebung sowie das soziale Umfeld von 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 als 16.000 Kindern und ihren Familien untersucht. Das in dieser Studie aufgebaute Know-how gibt Ahrens inzwischen in seiner Rolle als Repr?sentant des am BIPS angesiedelten ?WHO Collaborating Centre“ für ?bergewichtspr?vention an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weiter.
In der IDEFICS-Studie wurde auch die Wirkung von Aufkl?rungsma?nahmen zur Verhaltenspr?vention untersucht. Das Ergebnis: Weder diese Studie noch die Mehrzahl anderer Studien haben die erhoffte Wirkung erzielt. Ein Grund, umzudenken: ?Aktuell findet ein Paradigmenwechsel statt“, so Ahrens. Die bisherige Verhaltenspr?vention in Form allgemeiner Aufkl?rungskampagnen in der Gesellschaft müsse sukzessive durch strukturelle Ma?nahmen auf politischer Ebene erg?nzt oder gar abgel?st werden. Beispiele sind die Einführung einer Zuckersteuer zur Minderung des Konsums von Softdrinks oder der Ausbau von Fahrradwegen zur F?rderung der k?rperlichen Aktivit?t. Wichtige Erkenntnisse, für die sich Ahrens auch als Koordinator des europ?ischen ?Policy Evaluation Network“ (PEN) engagieren wird. Es will strukturelle Pr?ventionsma?nahmen und deren Auswirkungen auf die Gesundheit der Bev?lkerung untersuchen. ?Es geht darum, herauszufinden, welche politischen Ma?nahmen wirken“, erkl?rt Ahrens.