Wasser gilt als wichtige Voraussetzung für die Entstehung von Leben – nicht nur auf der Erde, sondern auch auf anderen Planeten. Der Mars verfügte vor Milliarden von Jahren über ganze Ozeane und wies darüber hinaus auch organische Moleküle auf. Falls sich daraus Leben entwickelt hat, k?nnten heute noch Spuren davon im Eis verborgen liegen, das sich unter der Mars-Oberfl?che befindet. Auffindbar w?ren solche Spuren am ehesten in den tieferen Gesteinsschichten, die nur in den zerklüfteten T?lern des Planeten zug?nglich sind. Ein autonomer Roboterschwarm soll sich auf die Suche danach machen – unter ma?geblicher Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universit?t Bremen.
Um das schwierige Terrain untersuchen zu k?nnen, müssen Roboter mit unterschiedlichen F?higkeiten wie Laufen, Klettern oder Fliegen kooperieren. Auch der Transport von Nutzlasten und die Energieversorgung müssen gesichert sein. Die Initiative VaMEx (?Valles Marineris Explorer“), die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) finanziert wird, erm?glicht die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Robotersystemen. Neben der Universit?t Bremen sind 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育ere weitere Partner an der aktuellen Phase VaMEx-3 beteiligt, darunter das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und das DFKI Robotics Innovation Center in Bremen.
Realit?tsgetreue Marslandschaft in der Virtuellen Realit?t
Die Entwicklung eines kollaborierenden Roboterschwarms mit unterschiedlichen Betriebssystemen w?re schon für den Einsatz auf der Erde eine Herausforderung, aber das Zielgebiet Mars potenziert die Komplikationen noch einmal. Rund sechs bis acht Monate dauert ein Flug von der Erde aus, wenn die beiden Umlaufbahnen günstig zueinander stehen. Aufgrund der langen und teuren Anreise ist es für Raumfahrtmissionen entscheidend, dass alle technischen Ger?te vor Ort reibungslos funktionieren, ohne dass ein Techniker oder eine Programmiererin vor Ort sind. Hinzu kommen die extremen Temperaturschwankungen, Sandstürme und die Abwesenheit eines Satellitennavigationssystems.
Alle ben?tigten Qualit?ten müssen also schon frühzeitig auf der Erde entwickelt und erprobt werden – von Teams, die auch auf diesem Planeten weit voneinander entfernt arbeiten. Die L?sung dafür ist eine realit?tsgetreue Marslandschaft in der virtuellen Realit?t. Auf der Grundlage von NASA-Daten hat die Arbeitsgruppe Computergraphik am Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universit?t Bremen unter Leitung von Prof. Gabriel Zachmann rund 40 Quadratkilometer Gel?nde abgebildet, in denen sich Roboter und Menschen virtuell bewegen k?nnen. Als Zielregion wurde das ?Valles Marineris“ ausgew?hlt - ein Tal, das gerne mit dem Grand Canyon verglichen wird, allerdings noch einmal deutlich gr??ere Dimensionen aufweist: Mit einer Breite von 700 Kilometern, einer L?nge von 4.000 Kilometern und einer Tiefe von bis zu 8 Kilometern handelt es sich um eines der gr??ten Grabensysteme in unserem Sonnensystem. Die ?Mariner-T?ler“, benannt nach einer der ersten Mars-Raumsonden der NASA, sind damit so lang wie die gesamten USA.
Digitales Testumfeld muss Schw?chen rechtzeitig aufzeigen
Damit die virtuelle Marslandschaft ihren Nutzen entfaltet, mussten auch die Roboter als realit?tsgetreue digitale Zwillinge in diese Welt überführt werden. Die TZI-Wissenschaftler haben Schnittstellen zu den verschiedenen Systemen der Projektpartner programmiert, um den Austausch von Informationen zu erm?glichen.
In der aktuellen Entwicklungsphase VaMEx-3, die Ende 2022 startete, betrachtet das Projektkonsortium den Schwarm erstmals als Ganzes und maximiert seine F?higkeit zur kooperativen, autonomen Exploration. Das digitale Testumfeld muss dabei h?chsten Ansprüchen genügen: ?Der virtuelle Zwilling muss realistische Aussagen erm?glichen, dass der Schwarm in Zukunft auf dem Mars genauso funktionieren wird“, betont Prof. Zachmann. Auch muss das Testumfeld bestehende Schw?chen aufzeigen, wenn beispielsweise die Erkennung bestimmter Objekte bei einem Roboter noch nicht ausreichend funktioniert. Die Software bezieht dabei die Besonderheiten des Planeten in die Simulationen mit ein – beispielsweise Schwerkraft, Bodenbeschaffenheit und extreme Temperaturen.
Navigieren ohne GPS und Galileo
W?hrend die Arbeitsgruppe Computergraphik sich auf die Weiterentwicklung des Testfelds fokussiert, leitet die Arbeitsgruppe Kognitive Neuroinformatik der Universit?t Bremen das Teilprojekt ?Robust Ground Exploration“ (robuste Bodenerkundung). Ein zentraler Punkt ist dabei die Entwicklung eines gemeinsamen Navigationsverfahrens für die Roboter, denn auf dem Mars gibt es weder GPS noch Galileo. Darüber hinaus verbessert die Arbeitsgruppe die Robustheit der Systeme, damit sie den schwierigen Umweltbedingungen standhalten und mit unerwarteten Situationen umgehen k?nnen.
?Eine Herausforderung besteht darin, dass die Umgebung im Vorfeld teilweise unbekannt ist“, erkl?rt Dr. Joachim Clemens, der das Teilprojekt koordiniert. ?Daher müssen die Schwarm-Mitglieder Hindernisse selbstst?ndig erkennen, eine Karte der Umgebung erstellen und ihre Position in der Karte sch?tzen. Dabei kooperieren die Einheiten miteinander: Karten- und Positionsinformationen werden ausgetauscht, damit alle Einheiten davon profitieren k?nnen. Diese Informationen nutzen die Schwarmteilnehmer anschlie?end, um das Vorgehen zu planen und sich dabei abzustimmen.“
Eine weitere Aufgabe ist die Entwicklung und Integration eines Missionskontrolltools. Dieses System soll zum einen die Visualisierung des aktuellen Status der Mission und zum anderen die Kommunikation der Forschenden mit dem VaMEx-Schwarm erm?glichen. Die an den Schwarm übermittelten Informationen, beispielsweise über wissenschaftlich relevante Zielgebiete, werden in die autonome Planung des Systems eingebracht und im weiteren Missionsverlauf berücksichtigt. Entwickelt wird das Missionskontrolltool von der Arbeitsgruppe High-Performance Visualization an der Universit?t Bremen.
Erprobung in mars?hnlichem Gel?nde geplant
Das System hat sich bereits bei den ersten Tests bew?hrt. Die Forschenden haben beispielsweise festgestellt, dass Roboter auf dem Mars andere Algorithmen ben?tigen als auf der Erde, um ihre Position bestimmen zu k?nnen. Dies liegt unter anderem an den sehr eint?nigen Farben des Gel?ndes, die es schwierig machen, landschaftliche Wiedererkennungsmerkmale zu identifizieren. Genau in derartigen Erkenntnissen liegt der gr??te Nutzen der Simulation: Fehler k?nnen behoben werden, bevor die Roboter eines Tages ihre achtmonatige Reise zum Mars antreten.
Das Ziel ist es nun, alle Entwicklungen und Vorbereitungen für eine Demonstrationsmission auf der Erde durchzuführen, um sich bis 2025 als Nutzlast für eine Marsmission zu empfehlen.
Neben der Universit?t Bremen sind auch folgende Partner an VaMEx-3 beteiligt: ANavS GmbH, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), DFKI Robotics Innovation Center, DSI Aerospace Technologie GmbH, INVENT GmbH, TU Braunschweig, TU München, Universit?t Erlangen-Nürnberg, Universit?t der Bundeswehr München und Universit?t Würzburg.
Umfangreiche Marsforschung an der Universit?t Bremen
?ber die Initiative VaMeX hinaus wird an der Universit?t Bremen umfangreiche Marsforschung betrieben. Im Juli 2022 wurde die Initiative ?Humans on Mars – Pathways toward a long-term sustainable exploration and settlement of Mars“ gegründet. Hier gehen rund 60 Forschende aus acht Fachbereichen der Frage nach, wie Konzepte für eine langfristige, nachhaltige Erkundung und Besiedelung des Mars durch den Menschen aussehen k?nnen. Das Land Bremen f?rdert die Initiative. Der Ansto? und die Federführung zu ?Humans on Mars“ kommt aus dem Wissenschaftsschwerpunkt MAPEX Center for Materials and Processes der Universit?t Bremen. Eng eingebunden sind darüber hinaus au?eruniversit?re Forschungsinstitute der U Bremen Research Alliance.