Auf Studierende reagieren

Die bewusste Wahrnehmung von Verhalten, Bedürfnissen und Wünschen hilft, Unterschiede zu überwinden und den Umgang mit Diversit?t zu erleichtern.

Verhalten in der Lehrveranstaltung

Herausfordernde Situationen

Studierende in Lehrveranstaltungen reagieren nicht immer so, wie es sich Lehrende wünschen. Mitunter k?nnen Situationen entstehen, die als ?schwierig“ empfunden werden. Beispielsweise k?nnen Studierende unaufmerksam sein, nicht richtig mitarbeiten oder die Aufgabenstellung nicht verstehen. Solche Situationen k?nnen den Ablauf einer Lehrveranstaltung, das Verh?ltnis zwischen Lehrperson und Studierenden, aber auch die Motivation aller Beteiligten beeinflussen (vgl. W?rner 2006).

Gründe warum ?herausfordernde Situationen“ überhaupt entstehen, k?nnen vielf?ltig sein. In der Rolle des Lehrenden wird von Ihnen jedoch erwartet, dass Sie damit angemessen umgehen k?nnen. Wenn man in solchen Momenten auf bestimmte Strategien zurückgreifen kann, um angemessen zu reagieren, fühlt man sich in der Interaktion mit den Studierenden deutlich sicherer (ebd.). Einen detaillierten Handlungsleitfaden zu erstellen, ist zwar nicht m?glich, dennoch erhalten Sie in den Praxistipps einige hilfreiche Anregungen, die es Ihnen erm?glichen sollen, souver?ner in derartigen Situationen zu reagieren.

Unterschiedliche Individuen

Ein wesentlicher Aspekt ist sicherlich, dass die Teilnehmenden Ihrer Lehrveranstaltung keine homogene Gruppe darstellen, sondern Sie immer auf ganz unterschiedliche Charaktere mit vielf?ltigen Bedürfnissen sto?en werden (siehe auch Zielgruppe bestimmen). Deshalb ist es sinnvoll, den Teilnehmerkreis - wenn m?glich schon vor Beginn der Veranstaltung - zu analysieren, um einsch?tzen zu k?nnen wie sich die Gruppe der Studierenden zusammensetzt.

Diversit?tssensible Lehre

Diversit?t (engl.diversity) wird von au?en betrachtet als Chance wahrgenommen. Für Sie als Lehrende bedeutet sie aber auch oftmals Herausforderung. Diversity wird gleichgesetzt mit Begriffen wie Heterogenit?t, Vielfalt und Verschiedenheit. H?ufig wird dabei an migrationsbedingte Aspekte gedacht. Doch Diversity beinhaltet sehr viel 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育. Folgende Merkmale z?hlen dazu, wobei die Aufz?hlung nur die zentralen Beispiele auflistet und sicherlich erweitert werden kann (Burger & Glathe 2006):

  • Alter
  • Geschlecht
  • Sexuelle Orientierung
  • Sozio?konomischer Hintergrund
  • Kultureller/ethnischer Hintergrund
  • Migrationsgeschichte
  • Nationalit?t
  • Sprache
  • K?rperliche oder psychische Beeintr?chtigung
  • Famili?rer Status            
Fünf Figuren angeordnet im Kreis verschieden farbig.

 

Auf Grund einer zunehmend globaleren Gesellschaft gewinnt Diversit?t immer 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 an Bedeutung. Deshalb wird es für Sie als Lehrende immer wichtiger, sich mit dem Thema der diversit?tssensiblen Lehre auseinanderzusetzen. Von Ihnen wird erwartet, dass Sie mit Diversit?ten umgehen k?nnen (siehe auch Querschnittsthema Diversit?t).

Grunds?tzlich sind Sie dazu angehalten, mit der Heterogenit?t der Gruppe fachkundig umzugehen und jegliche Form von Diskriminierung zu vermeiden. Dazu geh?rt, Vorurteile abzubauen und für ein gerechtes Miteinander zu sorgen. Doch nicht nur die Lehrenden sind verantwortlich dafür, im Lehr-Lern-Kontext auf Unterschiede angemessen zu reagieren. Auch die Studierenden sind dazu aufgefordert, den Lernprozess durch ein respektvolles Miteinander zu gestalten. Nur wenn diese auch bereit sind, sich mit ihren M?glichkeiten in die Lehrveranstaltung zu integrieren, kann eine ?berwindung von Unterschieden bestm?glich gelingen.

In den Praxistipps finden Sie für den Lehr-Lern-Kontext Anregungen und Hilfestellungen für eine Diversit?ts-sensible-Lehre. Dort steht Ihnen auch ein Studienportfolio zur Verfügung, welches Ihnen dabei helfen kann einen ?berblick über die Vielfalt Ihrer Studierenden zu bekommen.

Wirkung der Lehrperson

Es ist weiterhin hilfreich, wenn Sie sich Ihre Rolle bzw. Haltung im Lehr-Lern-Kontext bewusst machen, denn Ihr Verhalten und Ihre Kommunikation tragen ma?geblich dazu bei, inwiefern St?rungen auftreten k?nnen (siehe hierzu: Eigene Rolle reflektieren). Wenn es Ihnen gelingt, in Ihrer Lehrveranstaltung ein Lernklima zu schaffen, welches auf gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Unterstützung beruht, dann k?nnen auch potentielle Konflikte konstruktiv angegangen werden.

Praxistipps

Herausfordernde Situationen, m?gliche Gründe und Verhaltenstipps

Da Lehren und Lernen nur in einer angemessenen Atmosph?re erfolgreich sein k?nnen, wollen wir Ihnen hier einige Tipps geben, wie Sie herausfordernde Situationen mit Studierenden souver?n meistern.  

Diese Tabelle steht Ihnen hier auch zum Herunterladen als PDF-Dokument bereit.

M?gliche Gründe für das Verhalten:

  • Die Studierenden haben die Fragestellung nicht verstanden.
  • Keiner traut sich, etwas zu sagen.
  • Die Studierenden sind müde/unkonzentriert (sehr frühe oder sp?te Veranstaltung).

Praxistipps für Ihr Verhalten:

  • Lassen Sie den Studierenden genügend Zeit zum Nachdenken.
  • Blicken Sie die Studierenden ermunternd an und fragen Sie nach Ursachen und Gründen für das Schweigen.
  • Regen Sie Diskussionen mit konkreten Fragestellungen an.
  • Lassen Sie die Studierenden zun?chst mit dem Nachbarn diskutieren und dann im Plenum. So wird Sicherheit gewonnen (bei schwierigen Fragestellungen).

M?gliche Gründe für das Verhalten:

  • Schüchterner Charakter
  • Private/pers?nliche Probleme
  • Kulturelle Barrieren
  • Sprachliche Barrieren

Praxistipps für Ihr Verhalten:

  • Loben Sie einzelne Beitr?ge besonders.
  • Schauen Sie in Gruppenarbeitsphasen, wie die Studierenden mitarbeiten.
  • Sprechen Sie zurückhaltende Studierende im Einzelgespr?ch an.
  • Nehmen Sie bewusst dran, wenn es keine Blo?stellung bedeutet. Erkl?ren Sie dabei, warum man zu Wortbeitr?gen auffordert.
  • Geben Sie genügend Zeit für die Antwort.
  • Halten Sie die ?beraktiven wertsch?tzend zurück.

M?gliche Gründe für das Verhalten:

  • Die Fragestellung wurde nicht richtig verstanden.
  • Die Studierenden sind müde oder unkonzentriert.

Praxistipps für Ihr Verhalten:

  • Versuchen Sie herauszufinden, woraus die Unruhe resultiert, ?Was hat er gerade gesagt?“ oder ?Kann ich mal einen Stift bekommen?“ erfordern kein intervenieren.
  • Legen Sie eine Redepause ein und suchen Sie den Blickkontakt, bis Sie bemerkt werden.
  • Bitten Sie darum, zuzuh?ren oder das Gespr?ch drau?en weiterzuführen, bzw. nach der Lehrveranstaltung, da sonst auch die anderen Teilnehmer*innen gest?rt werden.
  • Sollte das alles nicht helfen, bitten Sie die Studierenden den Raum zu verlassen und wieder hereinzukommen, wenn sie ihre Gespr?che beendet haben.

M?gliche Gründe für Ihr Verhalten:

  • Der Raum ist zu gro?.

Praxistipps für Ihr Verhalten:

  • Bitten Sie die Studierenden, in die vorderen Reihen aufzurücken.
  • Machen Sie freundlich aber bestimmt deutlich, warum die Studierenden nach vorne rücken sollen.
  • Seien Sie konsequent und verfallen Sie nicht in ?…dann aber beim n?chsten Mal“.
  • Seien Sie aber nicht zu kleinlich, Studierende brauchen Freiraum; eine angemessene Verteilung über den Raum genügt

M?gliche Gründe für das Verhalten:

  • Solches Verhalten kann sehr individuelle Gründe haben und kann nicht pauschal beantwortet werden.

Praxistipps für Ihr Verhalten:

  • Honorieren Sie das Wissen, aber zeigen Sie auch auf, wenn etwas falsch ist.
  • Lassen Sie das Thema von der Gruppe mitdiskutieren.
  • Unterbrechen Sie freundlich mit  ?…sagen Sie es in einem Satz“ und verweisen Sie auf den Zeitplan.
  • Ziehen Sie bewusst andere Studierende mit ein und rufen Sie auch andere Studierende auf.

M?gliche Gründe für das Verhalten:

  • Solches Verhalten kann sehr individuelle Gründe haben und kann nicht pauschal beantwortet werden.

Praxistipps für Ihr Verhalten:

  • Zeigen Sie Grenzen auf und bleiben Sie sachlich.
  • Machen Sie Ihren eigenen Standpunkt deutlich und ziehen Sie das Plenum mit ein.
  • Verweisen Sie nach der Lehrveranstaltung auf Spielregeln und Konsequenzen und finden Sie Gründe für das Verhalten heraus.
  • Machen Sie deutlich, dass Uni ?freiwillig“ ist.
  • Suchen Sie den kollegialen Austausch.

St?rungsstufen im Lehr-Lern-Kontext

Die St?rungsstufen nach Schumacher (2011) stellen dar, welche Ma?nahmen bei st?renden Situationen ergriffen werden k?nnen. Oft reichen bereits die unteren Stufen aus, um eine st?rende Situation aufzul?sen.

Sechs St?rungsstufen

 

Konflikte bearbeiten: Thematisieren Sie das Problem in Kleingruppen oder im Zweiergespr?ch.

Thematisieren:Vermeiden Sie eine Eskalation. Vedeutlichen Sie ihren eigenen Standpunkt und beziehen Sie das Plenum mit ein.

Unterbrechen: Weisen Sie darauf hin, dass die St?rung einen negativen Effekt auf die ganze Veranstaltung hat.

Ansprechen: Fragen Sie direkt nach, ob es Unklarheiten gibt.

Nonverbales Ansprechen: Schauen Sie die betreffende Person direkt an und referieren Sie weiter.

Ignorieren: Nehmen Sie St?rungen als solche nicht wahr.

Hinweise für eine diversit?tssensible Lehre

  • Achten Sie auf Kulturspezifika innerhalb der Gruppe und prüfen Sie, ob sich problematische Situationen im Lehr-Lern-Kontext dadurch erkl?ren lassen.
  • Wiederholen Sie bei Sprachbarrieren relevante Inhalte auf Englisch.
  • Schaffen Sie Transparenz, um die Chancengleichheit in Ihren Lehrveranstaltungen zu wahren. Wenn Sie Ihre Kriterien für die Leistungsbeurteilung zu Beginn der Veranstaltung sichtbar machen, k?nnen sich die Studierenden daran orientieren und wissen, was sie erwartet.
  • Erm?glichen Sie eine gute Kommunikation als Basis für ein vertrauensvolles Verh?ltnis. Missverst?ndnisse k?nnen so schon zu Beginn der Veranstaltung vermieden werden (siehe auch Beratungsr?ume anbieten).
  • Nehmen Sie die Studierenden bewusst wahr und versuchen Sie nicht nur nach beobachtbarem Verhalten zu urteilen. Oftmals sind die Motive für ein bestimmtes Verhalten seitens der Studierenden nicht direkt beobachtbar.
  • Nutzen Sie die vielf?ltigen Lehr-Lern-Methoden, denn nicht alle Studierenden bevorzugen dieselben Methoden. Wenn Sie beispielsweise zwischen Einzel-, Gruppen- und Projektarbeitenwechseln, k?nnen Studierende mit unterschiedlichen Kompetenzen ihr Wissen austauschen, wovon letztendlich alle profitieren (siehe auch Lehr-Lern-Methoden ausw?hlen).

Studienportfolio

Eine gute M?glichkeit auf die Diversit?t Ihrer Studierenden zu reagieren, w?re der Entwurf eines Studienportfolios (Richter 2013). Bei einem Studienportfolio werden zu Beginn der Veranstaltung wichtige Informationen über die Vorkenntnisse und Erwartungen von den Lernenden eingeholt. Diese sollen Ihnen dabei helfen, Ihre Zielgruppe besser einzusch?tzen und entsprechend auf die Bedürfnisse und Wünsche der Studierenden zu reagieren. Hierbei ist es sinnvoll, den Fragebogen für das Portfolio in der ersten Veranstaltung an die Studierenden zu verteilen und es am Ende der Sitzung wieder einzusammeln. So k?nnen Sie sich gleich zu Beginn einen ?berblick verschaffen und den Verlauf der 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 den Gegebenheiten besser anpassen. Damit keine personenbezogenen Daten eingeholt werden k?nnen, sollte das Ausfüllen anonym erfolgen.

Ein Beispiel eines Studienportfolios steht Ihnen hier als PDF-Datei zur Verfügung.

Quellen Downloads und Autorinnen

Quellen

Burger, C. & Glathe, A. (2016). Diversity-sensible Hochschullehre. Hintergründe und Lehrempfehlungen. In Neues Handbuch Hochschullehre (S. 1–16). Berlin: DUZ Verlags- und Medienhaus GmbH.

Richter, R. (2013). Vielfalt als Chance - Konstruktiver Umgang mit Heterogenit?t in Lehrveranstaltungen. Universit?t Tübingen.

Schumacher, E.-M. (2011). Schwierige Situationen in der Lehre: Methoden der Kommunikation und Didaktik für die Lehrpraxis. Opladen: Budrich.

W?rner, A. (2006). Lehren an der Hochschule: eine praxisbezogene Anleitung. Wiesbaden: VS Verl. für Sozialwiss.

 

Autorinnen

Maren Pra?, Yvonne Diekmann, Annette Weber