Zielgruppe bestimmen

Je besser Sie Ihre Studierenden kennen, desto genauer k?nnen Sie Ihre Lehre auf diese abstimmen.

Vielfalt von Studierenden

 

Durch die ?ffnung der Hochschulen, sowie den sukzessiven Abbau von Barrieren, wird die Studierendenschaft immer heterogener, die Diversit?t wird zum Normalfall. Der klassische Studierendentyp - im Schnitt 25 Jahre alt, kinderlos, ohne Migrationshintergrund, ohne jegliche Beeintr?chtigung und aus einem bildungsnahen Umfeld stammend – ist dabei an Hochschulen nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 der Regelfall (Wielepp, 2013).

Die Gründe für die Heterogenit?t sind vielf?ltig. Beispielsweise verschwimmen in einer Zeit, in der lebenslanges Lernen immer wichtiger wird, die Grenzen von Berufst?tigkeit und akademischer Laufbahn, sodass sich die Studierenden mitunter in ganz unterschiedlichen Lebensphasen befinden. Sie unterscheiden sich daher bezüglich ihrer Erwartungen, ihrer Lernmotivation, ihren Zeitressourcen und ihren Erfahrungen (Hanft, 2015; Wielepp, 2013). Auch unterschiedliche Lerntypen und Lernstile spielen eine Rolle.

Die Vielfalt der Studierenden kann durch folgende Merkmale bestimmt sein (nicht ersch?pfend):

Soziale/kulturelle Heterogenit?t:

Ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexuelle Identit?t, Familie/Kinder, Soziale Herkunft (z.B. Erst-Akademiker-Familie), sprachlicher Hintergrund

Kognitive Heterogenit?t:

F?higkeiten, Begabungen, Kompetenzen

Studienerwartungen:

Berufs- und Praxisorientierung

Motivationale Heterogenit?t:

Lernmotivation, Selbstorganisation

Heterogene Lebenslagen:

m?gliche Berufst?tigkeit, Teilzeitstudium, Pendler

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 in der aktuellen Fassung von August 2013; (Hanft, 2015)

Lehre und Heterogenit?t

Von Ihnen als Lehrende wird erwartet, diese Unterschiedlichkeiten bei der Planung und Durchführung Ihrer Lehre angemessen zu berücksichtigen. H?ufig sind die strukturellen Rahmenbedingungen an Hochschulen und auch die Gestaltung der Lehre noch auf die klassischen Studierenden ausgerichtet.

Die Heterogenit?t von Studierenden bezieht sich im Lehr-Lern-Kontext immer auf lernrelevante Merkmale. Um bei der herrschenden Vielfalt individuelles Lernen zu erm?glichen, wird es zunehmend wichtiger, den Aspekt der Diversit?t in der Lehre zu berücksichtigen und sich mit der Zielgruppe auseinander zu setzen. Denn dadurch kann man mit geeigneten Lehr-Lern-Formaten und -Methoden auf Unterschiedlichkeiten reagieren und den erfolgreichen Lernprozess f?rdern. Praktische Tipps, wie genau Sie Ihre Zielgruppe bestimmen k?nnen und wie Sie Ihre Lehre zielgruppengerecht anpassen k?nnen, erhalten Sie in den Praxistipps.

Im Folgenden finden Sie einige der am h?ufigsten genannten Studierendengruppen, die z.T. vom klassischen Studierendentyp abweichen (Middendorff et al., 2017).

Der aktuelle Kenntnisstand ist ein wichtiger Aspekt, um die Zielgruppe einsch?tzen zu k?nnen. Je besser eingesch?tzt werden kann, auf welchen Level sich die Studierenden befinden, desto genauer kann dies bei der Vorbereitung der Lehrveranstaltung berücksichtigt werden (siehe auch Lernergebnisse formulieren).

Faktoren von Heterogenit?t

1. Studierende mit abgeschlossener Berufsausbildung

  • sind h?ufig ?lter als andere Studierende.
  • verfügen h?ufig bereits über praktische Erfahrungen.
  • haben oft konkrete (Lern-) Ziele.
  • k?nnen andere Kenntnisse im Bereich des wissenschaftlichen Arbeitens und im Umgang mit digitalen Medien aufweisen.

 

 

2. Studierende ohne deutsche Staatsangeh?rigkeit

  • sind zumeist internationale Studierenden, die z.B. ein Auslandssemester absolvieren.
  • k?nnen mit sprachlichen Barrieren konfrontiert sein.
  • sind ggf.andere Lehr-Lern-Formate gewohnt.

3. Erwerbst?tige Studierende

  • k?nnen Schwierigkeiten haben das Studium und die Arbeit zu vereinbaren.
  • sind auf flexibilisierte Lehrabl?ufe und die rechtzeitige Bekanntgabe von Prüfungsterminen angewiesen.

4. Studierende mit gesundheitlicher Beeintr?chtigung

  • haben einen h?heren Unterstützungsbedarf (z.B. k?nnen besondere Serviceleistungen und Barrierefreiheit in Bezug auf Lernmaterialien erforderlich sein).

5. Studierende mit Kindern

  • sind auf flexibilisierte Lehrabl?ufe und die rechtzeitige Bekanntgabe von Prüfungsterminen angewiesen.

6. Studierende aus hochschulfernem Elternhaus

  • sind meist nicht so vertraut mit den universit?ren Strukturen.
  • k?nnen sich ggf. in ihrer Arbeitshaltung, Selbstkonzeption, Ausdauer und Motivation von ihren Mitstudierenden unterscheiden.
  • haben h?ufiger bereits eine Ausbildung absolviert und sind l?nger und/oder st?rker auf Selbstfinanzierung angewiesen.

* Die Zahlen stammen aus der  21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks (Middendorff et al., 2017) und decken sich mit den Zahlen aus der Studierendenbefragung (Sommersemester 2018) der Uni Bremen.

Praxistipps

Etwas über Studierende erfahren

Die folgenden Tipps k?nnen Ihnen helfen, Ihre Zielgruppe zu bestimmen, bzw. N?heres über Ihre Zielgruppe in Ihrer Lehrveranstaltung zu erfahren (Sorgalla, 2015; Richter, 2013). Diese Darstellung ist nicht ersch?pfend und es gibt natürlich immer Aspekte und Situationen, die sich nicht im Vorfeld bestimmen lassen.

Tipps zur Reflexion, um Ihre Zielgruppe im Vorfeld besser einsch?tzen zu k?nnen:

  • Notieren Sie sich aus Ihrer Sicht als Lehrperson die drei wichtigsten Heterogenit?tsfaktoren, die die Teilnehmenden in Ihrer Lehrveranstaltung voneinander unterscheiden.
  • Ausgehend von diesen drei Heterogenit?tsfaktoren: Wie k?nnten Sie Ihre Lehrveranstaltung gestalten, um auf die Heterogenit?t der Teilnehmenden in diesen Punkten einzugehen?

Informationen zu Ihren Studierenden einholen:

  • Holen Sie Erkundigungen über Ihre Zielgruppe ein! Dafür k?nnen die Strukturen Ihrer Hochschule oder Ihres Fachbereichs nutzen:
  • Erkundigen Sie sich, ob
    • Sie es mit Bachelor-, Master- oder Weiterbildungsstudierenden zu tun haben werden.
    • Sie mit verschiedenen Studierendengruppen rechnen müssen.
    • Studierende verschiedener F?cher in Ihrer Veranstaltung sitzen werden.
    • es sich um eine Veranstaltung in einem internationalen Studiengang handelt (Unterrichtssprache wahrscheinlich Englisch).
Studierende sind im Blickfeld des Betrachters.

Studierende in der Veranstaltung kennenlernen:

Sie k?nnen ein Studienportfolio am Beginn Ihrer Veranstaltung nutzen, um die Zielgruppe direkt zu befragen (Richter, 2013). Abh?ngig von den Antworten k?nnen Sie den Ablauf der Veranstaltung ggf. anpassen (sofern dies m?glich ist). Von Fragen w?hrend der Veranstaltung ist abzuraten, da sich dadurch einzelne Studierende entbl??t fühlen k?nnen. Hier finden Sie ein Studienportfolio als PDF-Dokument zum Herunterladen.

Lehre zielgruppegerecht anpassen

Eine heterogene Zielgruppe bedarf h?ufig einer besonderen Berücksichtigung bei der Lehrplanung (Aichner et al., o.J.; Sorgalla, 2015):

  • Beachten Sie die unterschiedlichen Lernvorrausetzungen der Studierenden: Bieten Sie beispielsweise unterschiedliche Lehr-Lern-Settings und reagieren Sie dadurch auf verschiedene Lerntypen bzw. Lernstile oder auf einen unterschiedlichen Lernstand der Studierenden (welche Lehr-Lern-Formate sich am besten eignen, um die Lernziele zu erreichen und welche verschiedenen Lehr-Lern-Methoden es gibt, erfahren Sie unter Lehr-Lern-Format ausw?hlen und Lehr-Lern-Methoden kennenlernen).
  • F?rdern Sie die Motivation Ihrer Studierenden: Nutzen Sie dazu unterschiedliche Lehrmethoden, Lernszenarien und Lernumgebungen. Hier ist es wichtig, auch die Interessen der Studierenden zu berücksichtigen (wie Sie es schaffen, Ihre Studierenden zu motivieren und welche Lehr-Lern-Methoden Sie einsetzen k?nnen, erfahren Sie hier: Lehr-Lern-Format ausw?hlen, Lehr-Lern-Methoden kennenlernen und Mit Studierenden interagieren).
  • Beachten Sie die vorhandene Gruppendynamik innerhalb Ihrer Veranstaltung und st?rken Sie die Gruppenzugeh?rigkeit: Steuern Sie Gruppenprozesse angemessen und bieten Sie kooperative Lernarrangements an. Das soziale Lernen f?rdert die Motivation und bringt neue Sichtweisen und Perspektiven zum Vorschein. Durch den Austausch k?nnen verschiedene Zielgruppen voneinander profitieren (wie Sie die Gruppendynamik positiv beeinflussen k?nnen und welche M?glichkeiten von kooperativen Lernmethoden es gibt erfahren Sie hier: Lehr-Lern-Methoden kennenlernen und Visualisieren und Pr?sentieren).
  • Versuchen Sie, die strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Lehrveranstaltung an Ihre Zielgruppe anzupassen: Nutzen Sie dazu unterschiedliche didaktische Konzepte wie beispielsweise flexibilisierte Lehr-Lern-Formate wie Inverted Classrooms oder Blended Learning durch den Einsatz von Videos, Lernplattformen (Stud.IP), Webinaren oder anderen medialen Unterstützungsangeboten. Au?erdem sollten zielgruppengerechte Unterstützungsangebote vorhanden sein (über die Rahmenbedingungen, die es zu beachten gilt, sowie die Flexibilisierung der Lehre und den Einsatz von multimedialen Unterstützungsangeboten erfahren Sie hier 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育: Curricularen Rahmen berücksichtigen, Lehr-Lern-Format ausw?hlen und Lehr-Lern-Methoden kennenlernen).

Quellen, Downloads und Autorinnen

Quellen

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 3. April 2013 (BGBl. I S. 610) ge?ndert worden ist.

Aichner, R., Fleischmann, A., Gluth,C., Popp, D. & Strasser, A. (o. J.). Grundprinzipien und Erfolgsfaktoren guter Lehre. Herausgegeben von ProLehre. Aufgerufen am 29. Juli 2020 von http://www.prolehre.tum.de/fileadmin/w00btq/www/Angebote_Broschueren_Handreichungen/prolehre_erfolgsfaktoren.pdf

Hanft, A. (2015). Heterogene Studierende – homogene Studienstrukturen. In: Hanft, A., Zawacki-Richter, O. & Gierke, W. B. (Hrsg). Herausforderung Heterogenit?t beim ?bergang in die Hochschule. Münster: Waxmann.

Middendorff, E., Apolinarski, B., Becker K., Bornkessel P., Brandt T., Hei?enberg S. & Poskowsky J. (2017). Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2016. 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks durchgeführt durch das HIS-Institut für Hochschulforschung.

Richter, R.. (2013). Vielfalt als Chance: Konstruktiver Umgang mit Heterogenit?t in Lehrveranstaltungen. Universit?t Tübingen.

Sorgalla, M. (2015). Heterogene Lerngruppen. Abgerufen  am 29. Juli 2020 von www.die-bonn.de/wb/2015-heterogenitaet-01.pdf

Wielepp, F. (2013). Studentische Heterogenit?t. WZW Wissenschaftszentrum Sachsen-Anhalt Lutherstadt Wittenberg e. V.

Autorinnen

Maren Pra?, Yvonne Diekmann

Aktualisiert von: Maren Pra?