Wintersemester 2011/12: Richard Einhorn, "The Origin"

Chor singt

Richard Einhorn: ?The Origin“

?The Origin - An opera/oratorio inspired by Charles Darwin's life and work for soprano, baritone, Balkan female choir, chorus, and orchestra“ by Richard Einhorn

Es gibt viele berühmte Musikwerke über Helden der Bibel oder der Literatur wie das Oratorium ?Elias“ von Mendelssohn oder ?La damnation de Faust“ von Berlioz. Aber nur selten wird ein Held der Wissenschaft zum Thema einer gro?en Komposition gemacht. Charles Darwin ist zweifelsohne einer der bedeutendsten Wissenschaftler der Menschheitsgeschichte. Er hat entdeckt, dass alle Lebewesen aus gemeinsamen Urformen stammen und dass sie sich zu ihrer jetzigen Vielfalt durch einen schrittweisen natürlichen Selektionsprozess entwickelt haben. Diese Erkenntnisse haben unser Weltbild grundlegend ver?ndert und sind seit ihrer Ver?ffentlichung 1859 auch au?erhalb der Biologie weltweit insbesondere von der Theologie kontrovers diskutiert worden.

Darwins wissenschaftliche Texte beeindrucken durch ihren ph?nomenalen Scharfsinn, seine autobiografischen Texte durch Humor, Empfindsamkeit und Herzensw?rme. All diese Merkmale zeichnen auch Einhorns Komposition aus, die er 2008 komponiert hat und für die er ausschlie?lich Texte aus Darwins Feder verwendet hat. Die Musik ist lebendig, abwechslungsreich und liegt stilistisch zwischen Weltmusik und Minimalmusik; gelegentlich ist Einhorns langj?hrige Erfahrung als erfolgreicher Komponist von Filmmusik h?rbar. Die Musik weist erstaunliche ?hnlichkeiten mit Orffs Carmina Burana auf, obwohl sie viel moderner ist: Sie besteht aus 21 kurzen Nummern, ist reduziert und klar in der Harmonik, stellt die Sprache (auch den Sprachwitz) in den Vordergrund, ist emotional ergreifend und betont den Rhythmus.

Am Anfang von Einhorns Komposition ?The Origin“ steht die Entwicklung aller Lebewesen aus einer Urform, was sich musikalisch sehr anschaulich darstellen l?sst, wobei Einhorn seine Filmmusik-Erfahrung zu Gute kommt. Daran schlie?t sich eine Darstellung der vielen noch unzusammenh?ngenden und unbeantworteten Fragen an, die Darwin in seinen Notizbüchern notierte. Diese Bewegung des Suchens wird durch unruhige Rhythmen musikalisch nachvollziehbar gemacht. Auf die Nummern mit den Fragen folgen erste Ergebnisse: die Entwicklung der Arten als Analogie zu einem sich verzweigenden Baum. Das übertr?gt Einhorn unmittelbar in die Struktur der musikalischen Komposition. Er nennt dieses Verfahren ?Inosculation“/Verzweigung. Auf die ersten Ergebnisse folgen Zweifel, dargestellt von den Solostimmen, die v?llig unbegleitet alleine singen. Einhorn benutzt dafür Ankl?nge an mittelalterliche Liturgien und Litaneien, die, um das Dr?ngen der Zweifel auszudrücken, im Tempo extrem gesteigert werden. In den letzten Nummern setzt sich dann allm?chlich Darwins Freude darüber durch, dass er seine Zweifel ausr?umen kann und dass es ihm gelingt, eine schlüssige Theorie zu entwickeln.

Die besondere F?higkeit von Musik ist, auch die menschlichen Gefühle samt den sprachlich kaum benennbaren Zwischent?nen darzustellen. Der Frauenchor singt an sechs Stellen im Werk a cappella Texte aus Darwins privater Biografie, durch die er als Mensch begreifbar wird: Z. B. wie er als Student K?fer sammelte, keine weitere Hand frei hatte, aber eine ganz besondere dritte Art entdeckte und sie in den Mund steckte, um sie mitnehmen zu k?nnen. Ein anderer Song handelt von der Trauer über den Tod seiner ?ltesten Tochter; darin wird Darwin als liebender Vater in berührender Weise erlebbar. In einer sehr erheiternden und vergnüglichen Nummer wird eine systematische Aufstellung vertont, die Darwin kurz vor seiner Hochzeit gemacht hat, in der er das Pro und Contra einer Heirat nüchtern und mit einer Prise Selbstironie mit wissenschaftlichen Methoden abw?gt.

Seminar begleitet die Konzertvorbereitung

Die Aufführung wurde von einem Seminar begleitet, das das Programmheft? verfasst hat und einen ?ffentlichen Einführungsvortrag im Haus der Wissenschaft/Sandstr. am Dienstag, den 14. Februar um 19 Uhr gehalten hat. Am Montag, dem 20. Februar um 20.10 Uhr ist im Musikjournal des Deutschlandfunks ein Beitrag von Marco St?bler über diese europ?ische Erstaufführung von "The Origin" gesendet worden.

Für das Seminar hat Susanne Gl?? ein Dokument zusammengestellt. Es enth?lt die Texte aus Darwins Schriften?, die Einhorn in den einzelnen Nummern vertont hat, in ihrem jeweiligen Zusammenhang. Das, was Einhorn vertont hat, ist jeweils unterstrichen. Das Dokument beginnt mit zwei Landkarten mit der Reise der Beagle. Quelle für alles ist Darwin Online

H?rbeispiel "The Origin: Natural Selection"

8 MB

Programm, Ausführende und Konzertdaten

Orchester, gro?er Chor & Frauenchor der Universit?t Bremen
Mezzosopran: Alison Browner
Bassbariton: Michael Dries
Dirigentin: Susanne Gl??

Konzertmeisterin des Orchesters: Clara Martinez Perez
Korrepetition der Chorproben: Stefanie Adler
Coaching der Streichinstrumente: Reinhold Heise (Bremer Philharmoniker)
Coaching der Holzblasinstrumente: Dirk Ehlers (Bremer Philharmoniker)
Coaching der Blechblasinstrumente: Thomas Ratzek (Bremer Philharmoniker)

Diese Aufführung wurde in Teilen durch den F?rderverein Universit?tsmusik an der Universit?t Bremen gef?rdert.

Konzert:
Bremen, Glocke/gro?er Saal, 15. Februar 2012, 20 Uhr

Susanne Gl?? dirigiert das Konzert
Applaus