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Rektor zu Praktiken von Predatory Publishers

In den letzten Wochen haben uns 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育ere Medienanfragen zu dem Thema Predatory Publishing erreicht. ARD, Süddeutsche und der SPIEGEL haben die Problematik aufgegriffen. Die Recherchen zeigen, dass fast das ganze deutsche Wissenschaftssystem von den Machenschaften von Raubverlegern betroffen ist

Zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind auf Predatory Publishers hereingefallen und haben über die Verlage Paper ver?ffentlicht oder ihre Konferenzen besucht. Auch ich habe als Ko-Autor zusammen mit 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育eren anderen Wissenschaftlern in den Jahren 2009 bis 2014 Beitr?ge bei einigen solcher Verlage publiziert – an einer Konferenz dieser Verlage habe ich nicht teilgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war für mich nicht ersichtlich, dass es sich dabei um Predatory Publisher handelt. Auch meine Ko-Autoren haben mir gegenüber niemals Zweifel an der Seriosit?t der Verlage oder der Veranstalter ge?u?ert. Ich und die Universit?t Bremen stehen fortgesetzt hinter der Idee des Open Access. Diese Publikationsmethode bietet Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine weitere M?glichkeit neben den klassischen subskribierten Journals ihre Ergebnisse zu ver?ffentlichen und somit einer gr??eren Leserschaft zur Verfügung zu stellen. Leider jedoch ist der Markt der Open Access-Verlage sehr unübersichtlich geworden.

Als die gute Idee des Open Access vor circa zehn Jahren stark an Unterstützung gewann, entstand eine Reihe von neuen Verlagen am Markt, die einen seri?sen Eindruck gemacht haben. In der damaligen Zeit gab es für mich und meine Kolleginnen und Kollegen keinen Grund, an der Seriosit?t dieser Verlage zu zweifeln, auch aufgrund mangelnder Historie und Erfahrung mit diesen neuen Verlagen. Politische Umbrüche wie die EU-Osterweiterung und die ?ffnung der Wissenschaftssysteme in Asien und den arabischen L?ndern brachten weitere Anbieter sowie Autorinnen und Autoren auf die M?rkte. Dass diese neuen Verlage uns unbekannt sein mussten, lag also in der Natur der Sache.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die vom Open Access Modell überzeugt waren, sind damals also dazu übergegangen, ihre Ver?ffentlichungen auch bei diesen Verlagen zu publizieren, obwohl sie dadurch Nachteile in der Bibliometrie in Kauf nahmen. Denn mit Ver?ffentlichungen in neuen Journals bei neuen Verlagen kann man als Autorin oder Autor in den ersten Jahren zwangsl?ufig nicht so gute bibliometrische Kennzahlen erreichen wie mit dem Publizieren bei etablierten Verlagen. Open Access hatte für diese Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern also eine gr??ere Bedeutung als gute Kennzahlen.

Für mich pers?nlich war es wichtig, einen Mittelweg zu suchen – neben dem Publikationsweg über klassische Journals bei etablierten Verlagen auch die Ver?ffentlichung im Open Access und dann zwangsl?ufig in neuen Journals bei neuen Verlagen. Bei beiden Wegen stand und steht für mich bis jetzt immer die wissenschaftliche Seriosit?t und Qualit?t der ver?ffentlichten Beitr?ge im Vordergrund.

S?mtliche Publikationen, die ich in Ko-Autorenschaft bei den in der aktuellen Berichterstattung als Predatory Publisher identifizierten Verlagen mitver?ffentlicht habe, stehen seit 2009, beziehungsweise seit 2014 im Open Access. Sie sind also seit 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育eren Jahren für jedermann frei von Kosten im Internet les- und herunterladbar. Klassische Verlage bieten diese M?glichkeit nicht an. Dort müssen Nutzerinnen und Nutzer in der Regel etwa 30 Euro zahlen, um einen Beitrag lesen zu k?nnen.

Zu keinem der Beitr?ge mit meiner Ko-Autorenschaft gab es in diesen Jahren irgendwelche Einw?nde. Die wissenschaftliche Qualit?t und Integrit?t der ver?ffentlichten Texte stehen also au?er Frage. Die Publikationen sind zudem auf der Basis von drittmittelfinanzierten Forschungsprojekten entstanden. In den Abschlussberichten der Forschungsprojekte sind die Ver?ffentlichungen entsprechend aufgeführt und beigelegt. Diese Berichte sind von anonymen Gutachtern geprüft worden. In den mir durch die Drittmittelgeber wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft mitgeteilten Stellungnahmen sind weder die Publikationen noch die gew?hlten Publikationsorgane kritisiert worden.

H?tten ich selbst oder meine Ko-Autoren damals Zweifel an der Seriosit?t der Verlage gehabt, h?tten wir dort sicherlich nicht ver?ffentlicht. Heute würde ich nicht 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 bei den betreffenden Verlagen publizieren und auch andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor diesen warnen. Zum Zeitpunkt der Ver?ffentlichung der Beitr?ge, der Jahre zurückliegt, waren mir das Ph?nomen und die Praktiken der Predatory Publisher aber nicht bekannt.

Die Universit?t Bremen nimmt die Aufgabe der Warnung vor Raubverlegern sehr ernst. Die Staats- und Universit?tsbibliothek informiert regelm??ig über das Publizieren im Open Access sowie über Predatory Publishers. Auch in der 2017 ver?ffentlichten Richtlinie zur institutionellen Zugeh?rigkeit in Forschungspublikationen verweist die Universit?t auf die Bedeutung der Qualit?tskontrolle bei der Auswahl von Open-Access Portalen. Au?erdem ber?t die Staats- und Universit?tsbibliothek Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die einen Antrag zur F?rderung von Open Access-Publikationen bei ihr stellen, gezielt bei der Auswahl m?glicher Verlage.

Die Diskussion, die durch die aktuelle Berichterstattung ausgel?st wurde, ist wichtig und gut. Sie leistet einen Beitrag dazu, bei allen Mitgliedern des Wissenschaftssystems ein Problembewusstsein für die Machenschaften der Raubverleger zu schaffen. Dafür ist es aber von gro?er Bedeutung, dass in der Debatte sorgf?ltig zwischen den Raubverlegern einerseits und redlichen Autorinnen und Autoren andererseits unterschieden wird. Es darf nicht der falsche Eindruck entstehen, dass es in der Wissenschaft 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 Fake als Wahrheit gibt. Nicht alles, was bei Predatory Publishers ver?ffentlicht wurde, ist auch gleichzeitig wissenschaftlich unseri?s. Nicht nur ich, sondern auch zahlreiche andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind auf solche Verlage hereingefallen. Dieser Umstand sollte nun nicht dazu verwendet werden, um die Seriosit?t und Integrit?t von Personen anzugreifen, die wissenschaftlich einwandfrei gearbeitet haben. Nur wenn die Diskussion mit wachem und differenziertem Blick geführt wird, ist sie am Ende auch hilfreich für uns alle.

Die Universit?t Bremen nimmt die Ver?ffentlichungen des Recherche-Netzwerks zum Anlass, um ihre Aktivit?ten zur Aufkl?rung und Warnung vor Predatory Publishers ab sofort weiter zu intensivieren, damit Raubverleger an der Universit?t Bremen keine Chance haben.

Professor Dr.-Ing. Bernd Scholz-Reiter
 


Zum Thema: Universit?t Bremen warnt vor Raubverlegern

Professor Bernd Scholz-Reiter steht im Campuspark und im Hintergrund sieht man das MZH-Geb?ude.