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Die Sprachexpertin

Sie wei?, wie man Sprachen effizient und gut vermittelt und den Lernerfolg sichtbar macht: Claudia Harsch leitet das Sprachenzentrum der Hochschulen des Landes Bremen (SZHB). Parallel lehrt sie als Professorin für Sprachlehr- und -lernforschung an der Universit?t Bremen.

Die spannenderen Lebensl?ufe sind oft die, bei denen der Weg nicht geradeaus zu einem Ziel führt. Sondern die, in denen es interessante Ver?stelungen gab. Das Leben entwickelt sich – auch das Berufsleben. So ging es auch Claudia Harsch, heute Professorin für Sprachlehr- und -lernforschung und Direktorin des Sprachenzentrums der Hochschulen des Landes Bremen (SZHB), eine der gr??ten Einrichtungen ihrer Art in Deutschland. Denn als sie in Augsburg die 10. Klasse abgeschlossen hatte, war die Lust auf Schule erstmal verflogen: ?Meine Englischlehrerin konstatierte mir M?ngel im Grundwortschatz.“

Wenn die Englischlehrerin nur wüsste. Heute spricht Claudia Harsch ganz exzellent Englisch – kein Wunder nach einer Karriere auf dem Gebiet der Sprachen, inklusive eines 澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育j?hrigen Aufenthalts in Gro?britannien. Als Leiterin des SZHB organisiert sie zusammen mit ihrem Team heute die Sprachvermittlung für alle vier Hochschulen des Landes. Und als Professorin ist sie Expertin für das Lernen und Lehren von Sprachen und die ?berprüfung der Lernerfolge.

Erst mal eine Ausbildung

H?tte man der jungen Claudia Harsch nach ihrem Schulabgang erz?hlt, dass sie mal an dieser Stelle landet, sie h?tte wohl nur gelacht. Denn erst mal startete sie ihr Berufsleben – im Finanzamt. ?Irgendwas musste ich ja machen, also habe ich drei Jahre lang eine solide Ausbildung für den mittleren Dienst der Finanzbeh?rden durchlaufen.“ Bald merkte sie, dass es das für den Rest des Lebens noch nicht sein kann. Deshalb machte sie anschlie?end am Bayernkolleg doch noch ihr Abitur.

Wie für viele junge Menschen ging es dann auch für sie zun?chst ?ab in die weite Welt“, unter anderem nach Frankreich, sp?ter nach Asien und Neuseeland. ?Das hat mein Weltbild stark erweitert“, erinnert sie sich heute – Reisen bildet. Danach stand fest: ?Ich will etwas studieren, das den Menschen sp?ter direkt etwas bringt.“ An der Uni Augsburg w?hlte sie daher ?Deutsch als Fremdsprache“, Englisch-Didaktik und angewandte Sprachwissenschaft.

Die Forschung kennen und lieben gelernt

Manche studieren dann nicht nur, sie lernen dabei auch die Forschung kennen und lieben. So erging es auch Claudia Harsch. Sie arbeitete im DESI-Projekt (DESI = Deutsch Englisch Schülerleistungen International) mit, wo in einer Studie im Auftrag der Kultusministerien der L?nder der Unterricht und Kompetenzerwerb in Deutsch und Englisch untersucht wurde. Ihre Doktorarbeit schrieb sie über den gemeinsamen europ?ischen Referenzrahmen für Sprachen, der das K?nnen von Sprachlernenden auf sechs aufeinanderfolgenden Kompetenzniveaus beschreibt: A1, A2, B1, B2, C1, C2. ?Ziel ist dabei unter Anderem, Lernerfolge transparent zu gestalten, verschiedene Sprachzertifikate vergleichbar zu machen und ein gemeinsames Verst?ndnis für den Sprachen-Erwerb zu schaffen“, erl?utert sie. ?Der Referenzrahmen ist keine Zwangsjacke, sondern ein wichtiges Werkzeug.“

Nach einigen ?Stationen in befristeten Anstellungen“, wie sie es nennt – zum Beispiel einer Besch?ftigung am Berliner Institut zur Qualit?tsentwicklung im Bildungswesen – kamen 2009 gleich zwei Jobangebote aus England. ?Ich habe mich dann für die University of Warwick entschieden und dort sechs Jahre verbracht – eine tolle Zeit mit Fokus auf Sprachtesten, Sprachlehren und -lernen und vielen internationalen Kontakten. Langsam bin ich dort auch in die internationale language testing community reingewachsen.“

Im Brexit-England wurde das Klima unfreundlicher

In Gro?britannien spürte Claudia Harsch aber auch, wie sich das Klima in einer Gesellschaft ver?ndern kann – Stichwort Brexit. ?Das gilt nicht für den akademischen Bereich. Aber im Alltag wurde das Klima unfreundlicher.“ Beim Arzt oder in Versicherungsangelegenheiten erlebte sie erste Ressentiments. ?Ich merkte langsam, dass ich dort nicht auf Dauer bleiben wollte. Ich wurde sogar gefragt, was ich hier denn wolle, ich h?tte ja gar keinen englischen Pass.“

Weil sie zwischenzeitlich kr?ftig wissenschaftlich publiziert hatte, nutzte Claudia Harsch ihre vielen Arbeiten und Ver?ffentlichungen für eine sogenannte kumulative Habilitation. Dabei wird die Lehrbef?higung nicht durch eine einzelne Forschungsarbeit, sondern durch zahlreiche thematisch verknüpfte Fachartikel erworben. Erfolgreich habilitiert: Da passte 2015 die Ausschreibung einer Professur für Sprachlehr- und Lernforschung an der Universit?t Bremen für die ?abwanderungswillige“ Expertin bestens. Verbunden damit war ?Neuland“ für sie, n?mlich die Leitung des Sprachenzentrums.

Man nannte sie ?Columbo“ ….

Doch diese Leitung klappt seit nun澳门皇冠_皇冠足球比分-劲爆体育 sechs Jahren bestens. Claudia Harsch betont, dass sie über ein ?u?erst engagiertes Team verfügt: ?Ich bin zwar Direktorin, aber wir diskutieren und entscheiden viele Sachen gemeinsam.“ Natürlich habe sie sich anfangs in das weitere T?tigkeitfeld ?hineinfuchsen“ müssen, ?aber neben anderen hat mir unser gerade in den Ruhestand gegangener Verwaltungsleiter Hartmut Hachmann zu Anfang viel weitergeholfen.“ Dessen Frau habe ihr mal verraten, dass Hachmann die neue Chefin anfangs scherzhaft ?Columbo“ nannte: ?Weil mir immer noch eine Frage einfiel, wenn ich schon im Weggehen begriffen war“, schmunzelt sie.

Daneben hat Claudia Harsch am Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft eine Arbeitsgruppe aufgebaut und ist heute international anerkannt, wenn es um die Sprachlehr- und lernforschung und das Sprachtesten geht. Sie bekleidet führende Positionen in wichtigen europ?ischen und globalen wissenschaftlichen Gremien, die Sprachtests und deren Auswirkungen erforschen oder Testentwicklungsinstitute beratend begleiten. Das damit verbundene Reisen und die Kontakte zu Menschen aus anderen Kulturkreisen seien ein angenehmer Nebeneffekt ihrer oft anstrengenden Arbeit: ?Das gibt einem die M?glichkeit, aus dem Alltag auszubrechen.“

Ab nach oben – in der Kletterhalle

Weil das w?hrend der Phase der Corona-Reisebeschr?nkungen komplett wegfiel, legte sie sich kurzerhand eine Gartenparzelle in Bremen zu. Die will jetzt gestaltet werden: ?Am Anfang waren da nur Brombeerhecken, aber es wird langsam.“ Auch das Motorradfahren macht ihr Spa?. Und sie hat noch ein weiteres Hobby: das Klettern, das sie in unmittelbarer Uni-N?he intensiv im DAV Kletterzentrum Bremen betreibt, wenn es nicht gerade direkt ?an den Fels“ geht. Claudia Harsch – eine Frau, die hoch hinaus will und doch mit beiden Beinen auf dem Boden steht.


Fragen beantwortet:

Prof. Dr. Claudia Harsch
Direktorin Sprachenzentrum der Hochschulen im Land Bremen
E-Mail: harschprotect me ?!uni-bremenprotect me ?!.de
'Telefon: +49 421 218-61967

Claudia Harsch
Heute eine der führenden Expertinnen für Sprachlehr- und lernforschung sowie Direktorin des Bremer Sprachenzentrums: Professorin Claudia Harsch. Foto: Matej Meza / Universit?t Bremen